Zelten auf dem Jakobsweg
Du hast keine Lust auf überfüllte Pilgerherbergen, laute Schnarcher oder Tütenkraschpler, die zu früher Stunde den alle Mitpilger im Schlafsaal aufwecken? Oder planst du deinen Jakobsweg mit Hund und hast keine Lust alle Übernachtungen vorzubuchen und schon gar nicht auf die Sucherei von hundefreundlichen Unterkünften vor Ort? In diesem Beitrag geht es um das Zelten auf dem Jakobsweg – Vorteile, Nachteile, welche Ausrüstung du brauchst und meine persönliche Erfahrung.
Vorteile: Zelten auf dem Jakobsweg
Unabhängig & flexibel – mit den eigenen 4 Wänden im Gepäck musst du dir über volle Herbergen keine Gedanken machen. Du musst nicht vorab alle Unterkünfte vorbuchen und dich auch unterwegs nicht mit Reservierungen für die nächsten Tage beschäftigen oder gar schon in den frühen Morgenstunden loslaufen, um ein Bett in den öffentlichen Herbergen zu ergattern. Auch die Tagesdistanz ist frei wählbar, weil man nicht auf feste Distanzen z.B. zur nächsten Ortschaft oder Herberge festgelegt ist.
Günstig – Wenn du mit eigener Ausrüstung unterwegs bist, ist das wohl die günstigste Übernachtungsvariante. Vorausgesetzt man besitzt bereits ein Zelt. Ansonsten sollte man die Anschaffungskosten für Zelt und Isomatte mit einbeziehen, einen Schlafsack haben die meisten Pilger sowieso dabei.
Ruhig schlafen (bedingt) – im Zelt entgeht man schnarchenden oder lauten Mitpilgern. Allerdings kann es beim zelten andere Geräusche geben, zum Beispiel Verkehr, bellende Hunde im Dorf, etc.
Bettwanzen – wer ausschließlich im eigenen Zelt schläft, muss sich um das Thema Bettwanzen keine Sorgen machen.
Naturnah – beim draußen schlafen erlebst du die Natur so intensiv wie in keiner Unterkunft. Im Zelt oder bei schönem Wetter unter freiem Himmel zu schlafen, ist ein unvergessliches Erlebnis.
Pilgern mit Hund – wer mit seinem Vierbeiner unterwegs ist, hat eine kleinere Auswahl an Herbergen oder Übernachtungsmöglichkeiten. Wer nicht alles vorbuchen möchte und keine Lust hat auf die Sucherei vor Ort kann sich mit einem Zelt die nötige Freiheit verschaffen. Mein Hund konnte im Zelt übrigens viel besser entspannen als in einer Unterkunft.
Persönlicher Rückzugsraum – ein Zelt ist klein und hat keine festen Wände. Trotzdem ist es ein Ort, der schnell heimelig werden kann. Wer nicht so gerne mit anderen Menschen in einem Raum ist, der wird diesen kleinen, aber feinen Rückzugsort bald zu schätzen wissen.
Nachteile: Zelten auf dem Jakobsweg
Zeltplatzsuche & Ungewissheit – natürlich kannst du nicht überall und jederzeit dein Zelt aufschlagen. Anfangs wird es dauern, bis du weißt wonach du suchst, welche Orte dir gefallen und wo du dich sicher fühlst.
Das Gefühl, ohne festes Ziel in den Tag zu starten kann anstrengend sein, wenn man gerne plant und nichts dem Zufall überlassen möchte.
„Typisches Pilgerleben“ – sich unterwegs mit Mitpilgern für die gleiche Herberge zu verabreden, spontane Gespräche im Schlafsaal führen und beim gemeinschaftlichen Abendessen die Erlebnisse des Tages Revue passieren lassen, das geht eher schlecht, wenn man allein im Zelt übernachtet. Eine Ausnahme ist, wenn man Herbergen mit Garten findet oder in der Ortschaft einen Platz für sein Zelt findet.
Zusatzgewicht & Ausrüstung – wer zeltet hat mehr Ausrüstung und damit mehr Gewicht im Rucksack, wenigstens für das Zelt und die Isomatte. Unter dem Punkt Ausrüstung stelle ich Zelte relativ günstige Zelte vor, die unter 1.5 kg wiegen.
Weniger Komfort – dünne Isomatte, zu kalter oder zu warmer Schlafsack, tropfendes Kondenswasser, schiefer Untergrund, und viele andere Möglichkeiten können den Schlafkomfort reduzieren.
Duschen – nach einem langen und staubigen Pilgertag sehnt man sich nach einer Dusche. Bei manchen Herbergen kann man duschen ohne dort zu übernachten. Auch gibt es Herbergen, bei denen man im Garten zelten und dann die Sanitäranlagen mitbenutzen kann.
Sicherheit – ich nehme diesen Punkt auf, weil ich als allein pilgernde Frau oft gefragt wurde, ob ich keine Angst habe, im Zelt zu schlafen. Es gab keine gefährliche oder komische Situation, als Vorsichtsmaßnahme habe ich beim wild zelten meinen Standort mit Freunden zu Hause geteilt und vermieden in direktem Gespräch mit anderen Menschen meine genauen Pläne zu teilen oder gar im Internet zu veröffentlichen.
Persönliche Erfahrung Jakobsweg mit Zelt und Hund
Zusammen mit Pilgerhund Lola war ich 7 Monate auf Jakobswegen unterwegs. Die komplette Zeit über hatte ich das Zelt dabei. Im Sommer und Herbst haben wir fast ausschließlich gezeltet – für uns die günstigste und flexibelste Möglichkeit!
Erst als es in Frankreich kälter wurde und gleichzeitig die Anzahl der Herbergen gewachsen ist, wurde das Zelt zur Notfall-Option. Mein Hund hat im Zelt übrigens viel besser geschlafen als in Herbergen – gewohnte Umgebung, ein warmer Schlafsack, weniger Ablenkung.
Das Mehrgewicht im Rucksack habe ich gerne in Kauf genommen, um im Notfall immer eine Unterkunft zu haben. In Spanien waren wir im Dezember und Januar unterwegs und in der Nebensaison hatten so gut wie keine Pilger Unterkünfte geöffnet. Immer wieder musste also das Zelt als Notfallzuflucht herhalten und hat das Fortsetzen unserer Pilgerreise ermöglicht.
Wir hatten keine Probleme Schlafplätze mit Zelt zu finden. Hinter der Herberge im Garten, auf Picknickplätzen, im privaten Garten nach Absprache, im Wald oder am Feldrand. Wer es zentral mag, kann sein Glück in Ortschaften auf Wiesenstücken oder bei der Kirche probieren, hier sollte man aber immer um Erlaubnis fragen.
Mein Fazit: Mit Hund auf dem Jakobsweg würde ich auf jeden Fall wieder mit Zelt losziehen (oder alternativ alle Unterkünfte schon zu Hause vorbuchen).
Wo kann ich auf dem Jakobsweg zelten?
Es gibt zwei Möglichkeiten:
Eine sichere, komfortable und „offizielle“ Möglichkeit ist das Zelten auf Campingplätzen oder im Garten von Herbergen. WC und Duschen sind vorhanden, eventuell sogar eine Kochmöglichkeit. Diese „offizielle“ Zeltmöglichkeit wird man aber eventuell nicht nach jeder Etappe finden.
Eine andere Möglichkeit ist daher das Wild Campen. Die Rechtslage verbietet in Spanien, Portugal und Deutschland das Wild Zelten. Einfach so das Zelt aufbauen ist also nicht erlaubt.
Meine persönliche Erfahrung hat gezeigt, dass es trotzdem möglich ist, auf dem Jakobsweg zu zelten.
Dafür solltest du folgende (eigentlich selbstverständliche) Empfehlungen beachten:
- Nicht auf Privatgrundstücken zelten (ohne Erlaubnis)
- Wenn Häuser oder ein Hof in Sichtweite ist, ggfs. nachfragen, ob man bleiben darf
- Nicht auf Weiden oder in Naturschutzgebieten zelten
- Kein Feuer machen
- Keinen Müll hinterlassen – hinterlasse den Platz so, wie du ihn vorgefunden hast (oder sauberer)
- Keinen Lärm machen und keine Tiere stören
- Spät kommen, früh abbauen (Richtwert: 1 Stunde vor Sonnenuntergang bis 1 Stunde nach Sonnenaufgang)
- Freundlich sein und nicht vergessen, dass man Gast in einem fremden Land ist
Ausrüstung
Jeder wünscht sich einen möglichst leichten Rucksack beim Pilgern. Wer zeltet hat mehr Gepäck, nämlich mindestens ein Zelt und eine Isomatte, evtl. Kocher und Topf.
Es gibt ultraleichte Ausrüstung, die aber auch ihren Preis fordert.
Welches Zelt soll ich wählen?
Willst du das Zelt als reine Backup Lösung für den Camino, um im Notfall auch mal zu zelten oder kannst du dir vorstellen es auch nach dem Camino noch öfter zu nutzen? Ob sich eine (ultra)leichte und teure Anschaffung lohnt, hängt auch davon ab, ob man diese auch nach dem Camino weiterhin nutzen möchte. Für ultraleichte Ausrüstung gibt es spezielle Onlineshops (z.B. Trekking Lite Store), der Kauf sollte wohl überlegt und recherchiert sein, sodass ich hier nicht näher darauf eingehen werde.
Wer jedoch nach einem soliden, günstigen und trotzdem leichten Zelt für sein Jakobsweg Abenteuer sucht, der kann diese Optionen in Erwägung ziehen:
- Decathlon – Forclaz Trekkingzelt Trek MT900 1 Person, Gewicht 1,3 kg (Link)
- Nature Hike:
– Cloud 1 Personenzelt, Gewicht 1,1 kg (Link)
– Vik 1 Personenzelt, Gewicht 930 g (Link)
Da ich schon vor und auch nach dem Jakobsweg das Fernwandern für mich entdeckt habe, bin ich mit dem MSR Hubba NX losgezogen und nach monatelanger Nutzung nach wie vor sehr zufrieden damit. Der Anschaffungspreis von knapp 500 € muss aber meiner Meinung nach nicht sein, wenn man für einige Wochen auf dem Jakobsweg mit sehr guter Infrastruktur unterwegs ist.
Isomatte – der Markt ist riesig
Der Isomatten Markt ist groß. Von günstigen, robusten Schaumstoffmatten bis hin zu teuren, aufblasbaren Thermomatten ist alles zu haben. Die Ansprüche sind gleichzeitig so unterschiedlich, dass ich hier gar keine Vorschläge oder Empfehlungen geben kann und will.
Buen Camino,
Katrin mit Pilgerhund Lola