Erfahrungsbericht 55 km Mammutmarsch

Es ist so weit, meine erste Extremwanderung steht an! 55 km Wandern am Stück bei dem Event Mammutmarsch Rhein-Main 2023.

Moment Mal, Extremwandern und Mammutmarsch, was ist das denn nun schon wieder?

Beim Mammutmarsch handelt es sich um eine Extremwanderung, bei der Distanzen von 30 bis 100 Kilometer zu Fuß zurückgelegt werden. Das Ganze findet als Event mit vielen Teilnehmern in ganz Deutschland (und international) statt, z.B, bei Mammutmarsch oder Megamarsch. Diese Events werden immer beliebter und jeder, der sich fit genug fühlt und sich der Herausforderung stellen will, kann mitmachen.

Wie komme ich zum Extremwandern?

Beim Mammutmarsch geht es um die körperliche und vor allem mentale Herausforderung und darum, die eigenen Grenzen zu sprengen. Sozusagen darum, ein Abenteuer im sicheren Rahmen zu erleben.

Die Veranstalter bewerben den Mammutmarsch mit folgenden Worten:

„Bei uns wanderst du, bis es weh tut. Und dann weiter. Am Ende weißt du, dass dich nichts mehr aufhalten kann.“

Herausforderung und Abenteuer. Genau das habe ich auf meiner Pilgerreise von der Haustür bis Portugal getan: raus aus der Komfortzone und rein ins Abenteuer! Beim Mammutmarsch habe ich nun die Möglichkeit, dies in komprimierter Form zu erleben. Das Unmögliche wagen und über mich hinauswachsen (hoffentlich!).

Meinen ersten Mammutmarsch trete ich am 5.8.23 an. Beim Rhein-Main-Mammutmarsch gibt es die Strecken 30 km und 55 km zur Auswahl. Da ich bereits mehrfach 30 km Strecken mit vollem Pilgergepäck gelaufen bin, steht schnell fest, dass es die 55 km sein sollen.

Gedanken vorab

In ca. 2 Wochen trete ich meinen ersten „Little“ Mammutmarsch an, 55 km durch den Rheingau. Mit Kribbeln im Bauch habe ich mich vor einigen Wochen angemeldet, soll ich wirklich? Schaffe ich das überhaupt? Und wieso soll ich Geld ausgeben, nur um durch die Gegend zu latschen?

Mehrere Anläufe enden auf der Webseite im Warenkorb ohne den Kauf abzuschließen. In einem mutigen Moment beschließe ich: Ich mach das jetzt einfach! Das Kribbeln im Bauch zeigt mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Dinge zum ersten Mal zu tun, das ist aufregend und spannend.

Ob ich die Distanz von 55 km schaffe, weiß ich nicht. Mein „Rekord“ liegt bei 43 km, da war ich jedoch perfekt eingelaufen. Und das ist schon 5 Monate her. Ob ich es schaffe, werde ich nie erfahren, wenn ich es nicht probiere. Denn wer nicht losläuft, kann nicht ankommen.

Warum bei einem Event? Wandern kann ich direkt vor meine Haustür. Mit Komoot kann ich mir eine beliebig lange Route zusammenstellen und loslaufen. Fakt ist aber, dass mir die Motivation fehlt, so eine lange Tour ganz allein durchzuführen. Bei einem Event bekommt man hingegen eine fertig geplante Route, Versorgungspunkte unterwegs, läuft in der „Herde“ und hat einen verbindlichen Termin, den man nicht wegen schlechtem Wetter verschiebt. Und unterwegs werde ich hoffentlich trotz körperlicher Blessuren durchhalten.

Meine größten Sorgen vor dem Marsch sind Probleme mit den Füßen und sonstige Wehwehchen. Ich weiß, dass meine magische Grenze bei ca. 30 km liegt. Die laufe ich locker, doch danach fängt es an, hier und da mal zu zwicken. Zudem sind meine Füße gut eine Nummer größer geworden und entsprechend weniger Platz haben sie in den Schuhen. Die Zeit, um neue Schuhe ordentlich einzulaufen ist aber schon zu knapp. Auch ein sonniger Tag bei 30°C gehört zu meinem Horrorszenarium, ich laufe einfach nicht gerne bei Hitze.

Egal, wie weit ich komme und wie es ausgeht, ich freue mich auf einen spannenden Tag mit neuen Erlebnissen und Eindrücken.

Packliste 55km Marsch – was muss mit?

Ich habe mich für einen Tagesrucksack entschieden und hatte folgendes dabei:

  • Hose mit Zip, T-Shirt plus sehr leichte Windjacke (Longsleeve im Rucksack)
  • 2 Liter Wasser (bei Hitze hätte ich 3 L mitgenommen)
  • Snacks (Müsli- und Powerriegel, Trockenobst, Salami, Schokokekse): da es unterwegs gut bestückte Verpflegungsstationen gab, habe ich nichts von meinen Sachen gegessen. Das Gewicht hätte ich reduzieren können.
  • PowerBank und Kopflampe waren verpflichtend, habe ich aber nicht gebraucht
  • Regenponcho
  • Pflaster, Tape, Druckpolster, Verbandszeug
  • Magnesium
  • Becher und Schüssel für die Versorgungsstationen
  • Bauchtasche mit Smartphone

Erfahrung 55 km Mammutmarsch

Route Mammutmarsch Rhein-Main 2023
Route Mammutmarsch Rhein-Main 2023

Vor dem Mammutmarsch

Ca. 2 Wochen vor dem Event gab es eine E-Mail mit allen wichtigen Informationen. Die Route für Komoot, ein PDF mit Übersichtskarte der Versorgungspunkte, Toiletten und Trinkwasser-Stationen. Hinweise zu den Parkmöglichkeiten vor Ort und der Anreise per Bus & Bahn. Auch die verpflichtende Packliste war angegeben, wobei hier jeder für sich selbst verantwortlich ist (keine Kontrollen). Etwas unglücklich fand ich, dass mit Versenden der E-Mail auch die Startgruppen geöffnet wurden. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Bis ich mich eingeloggt hatte, waren die ersten drei Gruppen bereits ausgebucht und ich konnte nur noch in Gruppe 4 um 7.40 Uhr (oder später) starten. Das Wetter war sowieso kühl und die Startgruppe 4 damit völlig in Ordnung.

Es ist soweit – unterwegs im Rheingau

Ich bin morgens mit dem Auto angereist. Auf einem kostenlosen P+R konnte ich das Auto sicher parken. Um zusätzliche 2 km zu sparen, bin ich von dort mit dem Bus in die Stadt gefahren. Start und Ziel wurden sehr zentral in der Innenstadt gewählt.

Meine Startgruppe war 7.40 Uhr. Das Wetter meint es gut mit uns, denn der tagelange Regen hat beschlossen, heute erstmal eine große Pause einzulegen. Die Temperaturen sind mit bis zu 23°C nahezu perfekt. Vor dem neuen Rathaus laufen wir los. Am Eingang wird das Ticket gescannt und ich bekomme das blaue Bändchen. Viele Teilnehmer sind gemeinsam mit Freunden, Partner oder Kollegen unterwegs, jedoch sind auch einige allein unterwegs.

Start in der Stadtmitte von Wiesbaden
Start in der Stadtmitte von Wiesbaden
Erfahrung 55 km Mammutmarsch
Bändchen bekommen – gleich geht’s los

Als enger Pulk laufen wir durch die Stadt und den Park hoch zum Sonnenberg. Bei angenehmen Temperaturen bin ich mit langer Hose und leichter Windjacke die ersten 10 km in 2 Stunden bis zum ersten Versorgungspunkt am Neroberg gelaufen. Ein Schnitt von 5 km/h, damit bin ich sehr zufrieden. Die Gruppe war hier noch sehr eng zusammen und es war schwierig sein eigenes Tempo zu finden. Frisches Obst & Gemüse und Powerriegel gibt es, an der Station. Ich lüfte vorsorglich die Füße und warte auf einen Freund, der in der späteren Gruppe gestartet ist.

Erster Versorgungspunkt
Erster Versorgungspunkt – Powerriegel, Obst und Gurken

Gemeinsam laufen wir recht locker bis zum zweiten Versorgungspunkt bei Kilometer 25 beim Hof Armada. Die Sonne scheint und in T-Shirt und kurzer Hose ist es schon zu warm. Wir stehen Schlange für einen Hotdog. Auch an den Toiletten ist jetzt Warten angesagt. Die Sonne ist extrem, und wir sind froh im schattigen Schuppen zu sitzen. So langsam merke ich die ersten Druckstellen an der Ferse. Ich klebe großzügig mit Druckpolster ab, das hilft sehr gut (deutlich besser als Blasenpflaster).

Danach geht es wieder schattig durch den Wald. Bis zum nächsten Versorgungspunkt wird es zum ersten Mal hakelig. Kurz nach dem 30 Kilometerschild fangen meine Füße an zu Schmerzen. Es sind keine Blasen, die ich mir laufe, sondern die Fußballen, die schmerzen. Zum ersten Mal, denke ich ans Aufgeben, doch dieses Mini-Tief ist schnell überwunden. Wir werden für 30 Minuten im Regen geduscht, die Abkühlung tut aber eigentlich gut und der Poncho hat mich rundum trocken gehalten.

Der Weg geht nun durch die Weinberge und es gilt mehrere Anstiege zu überwinden. Nach jeder Kurve wartet ein neuer Anstieg. Ich merke, dass mir die Power fehlt, die Anstiege wie gewohnt durchzuziehen. Am dritten Versorgungspunkt beim Weinhof Martin (Kilometer 36,5) haben wir den Großteil der insgesamt 840 Höhenmeter geschafft. Ich merke, dass ich dringend mehr trinken muss und fülle meine Flaschen mit Isodrink auf. Ich esse ein Nutella Toastbrot, aber eigentlich habe ich keinen Appetit.

sehr schöne Wegführung durch die Weinberge
sehr schöne Wegführung durch die Weinberge

Beim Loslaufen merke ich mittlerweile schon stark meine Beine und Füße. Ich humple mehr, als dass ich laufe und muss mich erst wieder einlaufen. Die letzten 18 Kilometer starten und ab jetzt geht es flach am Rheinufer entlang. Das Feld ist mittlerweile so auseinander gezogen, dass man nur vereinzelt andere Teilnehmer sieht. Bei Kilometer 45 sinkt dann mein Energielevel dramatisch. Die Beine werden richtig schlapp und auch der Nacken tut plötzlich weh, zusätzlich zu den müden Füßen. Viel zu spät fallen mir meine Magnesiumtabletten wieder ein. Ich müsste mehr essen, aber ich habe keinen Hunger und anhalten will ich erst recht nicht. Das Tempo sinkt und ich trenne mich von meinem Wanderpartner, der auf den letzten 10 km aufblüht, weil das Ziel naht. Ich hingegen kämpfe bei jedem Schritt und die mentale Aufmunterung, die mir sonst mühelos gelingt, will sich einfach nicht einstellen.

Viele Kilometer am Rhein entlang
Viele Kilometer am Rhein entlang

Am letzten Versorgungsstand bei Kilometer 48,5 gibt es Brühe, aber ich bekomme nichts runter. Ich halte mich an den Isodrink und laufe im Schneckentempo weiter. Auf dem letzten Abschnitt geht es gemütlich zu, die schnellen Läufer des Tages sind längst angekommen. Meine Muskeln und Füße sind am Ende, der Kopf läuft irgendwie weiter. Um 20.35 Uhr biege ich um die Ecke und sehe das Ziel. 12h55m war ich unterwegs.

Der Zieleinlauf ist wunderbar! Die Volunteers bejubeln jeden Finisher, ich bekomme Medaille, Urkunde und mein erstes Stempelheft ausgehändigt.

Geschafft - nach 55 km im Ziel
Geschafft – nach 55 km im Ziel

Fazit Mammutmarsch Rhein-Main 2023 (55 km)

Die Strecke war sehr abwechslungsreich. Durch die Parks der Stadt, Feld und Wald wo möglich und dann ein schönes Stück durch die Weinberge mit herrlicher Aussicht und herausfordernden Steigungen. Das lange Stück am Rhein war mir persönlich zu monoton, ließ sich aber natürlich sehr gut laufen. Die zentrale Start/Ziel Position mitten in der Stadt hätte ich nicht unbedingt gebraucht.

Die Organisation war hervorragend. Einmal hätte ich beinah einen Abzweig verpasst ansonsten war der Weg sehr gut markiert. Die Versorgungsstationen haben alles geboten, was man braucht: Apfel, Banane, Gurken, saure Gurken, Gummibärchen und dann entweder Powerriegel, Hotdog, Nutellabrot, Brühe. Nächstes Mal werde ich meinen Proviant deutlich reduzieren. Genügend Trinkwasserstationen, Cola und auch Isogetränke gab es.

Eine Maximalzeit scheint es nicht wirklich zu geben. Ich habe von einer Gruppe gehört, die gegen 0 Uhr von den Streckenposten aufgesammelt wurde und ihren Marsch in ihrem Tempo zu Ende bringen konnten.

Persönliches Fazit

Die letzten 10 Kilometer waren deutlich schwieriger als gedacht. Füße, Beine, Nacken, irgendwann tat alles weh! Das größte Problem waren die Füße, die insgesamt wehtaten (Blasen hatte ich nicht). Da würde ich auf Schuhe mit mehr Dämpfung und eine Nummer größer zurückgreifen. Für Beine und Nacken muss ich mehr Magnesium nehmen und auf eine bessere Versorgung achten, ich habe die letzten 20 km nichts mehr essen können.

Ich bin (teilweise) mit einem Freund gelaufen, das war sehr schön und kurzweilig. Wer allein losläuft, kann auch unterwegs jemanden kennenlernen. Die Atmosphäre ist offen und sympathisch.

Trotz der Strapazen hat es richtig Spaß gemacht und ich kann mir gut vorstellen, das Ganze zu wiederholen. Dann aber mit einigen Modifikationen: Wanderstöcke mitnehmen, andere Schuhe, nicht bei allen Verpflegungsstationen anhalten, weniger Gewicht im Rucksack, Verpflegung optimieren.

100 km in 24 h sind ein weit entfernter Traum, an den ich mich nur langsam herantasten kann. 55 km oder 60 km sind momentan eine gute Strecke, an denen ich mich erstmal ausprobieren kann.

Mammutmarsch mit Hund?

Hunde dürfen beim Mammutmarsch mitgenommen werden und bekommen sogar ihre eigene Medaille. Wanderpfötchen Lola habe ich diesmal zu Hause gelassen. Ich hatte unterwegs genug mit mir selbst zu tun und weiß, dass es bei ab 30-40 km für Lola sehr anstrengend wird. Vielleicht darf sie beim nächsten Marsch ein Teilstück mitlaufen.

Ich hoffe, der Beitrag hat dir einen guten Eindruck vom Ablauf eines Mammutmarschs gegeben.

Guten Weg wünscht
Katrin

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert