Leitfaden – Pilgern mit Hund #2 Voraussetzungen & Vereinbarkeit

Im zweiten Teil der Blogserie „Leitfaden – Pilgern mit Hund“ geht es um die Voraussetzungen, die der Hund mitbringen sollte und die Vereinbarkeit der persönlichen Vorstellungen vom Jakobsweg mit Hund.

Habe ich einen geeigneten Hund?

Die gute Nachricht vorab: man kann mit jedem Hund wandern oder pilgern.

Diese Aussage möchte ich jedoch gleich relativieren.

Physische Voraussetzungen

Beim Pilgern ist man mehrere Stunden am Tag unterwegs und legt dabei einige Kilometer in wechselndem Gelände zurück. Dazu sollte der Hund also von Körperbau, Größe, Statur, Alter und Gesundheitszustand in der Lage sein. Dabei ist es egal, ob großer oder kleiner Hund. Wichtig ist, dass er Spaß an Bewegung hat und sich nicht nach der ersten halben Stunde nach seinem weit entfernten Körbchen sehnt.

Sicher machen die physischen Gegebenheiten einen Unterschied. Große Hunde haben längere Beine, dafür haben kleine Hunde den Vorteil, evtl. getragen werden zu können.

Bei jungen Hunden sollte man vorsichtig mit der Belastung sein. In der Regel ist ein Hund mit 18 Monaten bis zwei Jahren ausgewachsen.

In jedem Fall ist es sinnvoll die geplante Tour mit dem Tierarzt abzuklären.

Bei größeren Hunden stellt sich schnell die Frage nach Packtaschen bzw. einem Rucksack für den Hund. Ich gehe darauf im fünften Beitrag #5 Futter & Ausrüstung ein.

Persönliche Erfahrung – Was muss der Hund mitbringen?
Mein Hund Lola ist als Terriermischling zwar klein, aber sehr bewegungsfreudig und vor allem robust. Sie ist 4 Jahre, als wir loslaufen. Aufgrund ihrer kleinen Größe, hat sie keine Packtaschen getragen.
Wie im ersten Beitrag beschrieben hatten wir anfangs unsere Probleme mit der ungewohnten Umgebung und der dauerhaften Anstrengung, die sich in Verweigerung des Fressens und Durchfall geäußert haben. Übung macht den Meister und wir haben uns Stück für Stück an unsere große Tour herangetastet.
Lola bringt zum Zeitpunkt der Pilgerreise eine solide Grunderziehung mit. Entspannt an der Leine laufen und allein bleiben zu können, waren mir wichtig. In Nordfrankreich gab es unglaublich viel Wild, sodass sie hier mit einer Schleppleine abgesichert war. Sie liebt Menschen, ist bei anderen Hunden aber eher ängstlich/skeptisch.
Entgegen der allgemeinen Befürchtung, habe ich dennoch nie Probleme mit Hundebegegnungen oder Straßenhunden gehabt. Hofhunde gibt es, manchmal auch freilaufend, aggressiv waren sie (fast) nie. Begegnungen mit Straßenhunden hatten wir nicht. Erst im Süden Portugals haben wir welche gesehen, die sich jedoch überhaupt nicht für uns interessiert haben.

Mein Hund schafft die Strecke nicht, aber er soll unbedingt mitkommen

Viele Anfragen bekomme ich von Hundehalter:innen, deren Hunde körperliche Einschränkungen mitbringen oder die Strecke aufgrund des hohen Alters nicht schaffen. Für kleinere und mittlere Hunde könnte ein Hunde-Buggy oder Pilgeranhänger in Frage kommen. In diesem Fall sollte ein Jakobsweg gewählt werden, der flache und breite Wege bietet und für Anhänger geeignet ist.

Charakter, Sozialverhalten & Erziehung

Eine solide Grunderziehung sollte vorhanden sein. Ob man mit einem „Leinenzerrer“ 8 Stunden am Tag pilgern möchte, ist letztlich jedem selbst überlassen. Generell gilt, je besser der Hund erzogen ist, desto einfacher wird man es mit seinem Gefährten unterwegs haben – genauso wie im Alltag zu Hause auch.

Weitere Aspekte sind die unterschiedlich ausgeprägten Eigenschaften wie Jagdtrieb und Führungswilligkeit des Hundes. Ein Hund, der seinem Halter auf Schritt und Tritt folgt und nie auf die Idee käme Kaninchen oder Reh hinterherzujagen macht natürlich vieles einfacher.

Genauso sieht es bei dem Sozialverhalten aus. Ein Hund, der freundlich und entspannt auf andere Menschen und Hunde reagiert, ist auf dem Jakobsweg einfacher zu handhaben als ein ängstlicher oder unverträglicher Hund.

Wichtig ist, den Hund realistisch einschätzen zu können. Kann der Hund nicht (lange) allein bleiben, sollte man vorab eine Strategie überlegen, ob und wie man dies unterwegs bewerkstelligen kann (z.B. zu zweit unterwegs sein). Läuft der Hund bei Regen nicht weiter, hilft vielleicht eine Regenjacke.

Je nach Weg und Jahreszeit, wird man sich den Weg mit vielen Pilgern teilen. Das Publikum auf den spanischen Jakobswegen ist international und der Umgang mit Hunden kulturell bedingt unterschiedlich. Es versteht sich von selbst, dass der Hund bei hohem Pilgeraufkommen niemanden belästigt.

Wohlergehen des Hundes

Sorge für das Wohlergehen deines Hundes – körperliche Höchstleistung, fremde Umgebung, alleinbleiben, mangelnde Ruhe im Schlafsaal, das kann deinen Hund stressen!

Passe die Etappenlänge an deine persönliche Fitness und die Fitness deines Hundes an. Plane genügend Erholungstage ein (mehr dazu im dritten Artikel #3 Planen & Vorbereiten). Erwachsene Hunde haben einen Schlafbedarf von ca. 12-16 Stunden am Tag. Verschaffe ihm die Ruhe und Zeit, die er zur Erholung braucht und lerne die Zeichen deines Hundes zu lesen, um Müdigkeit und Erschöpfung zu bemerken bzw. vorzubeugen.

Dein Hund erfüllt alle Kriterien? Super, dann schauen wir doch, ob das auf der anderen Seite der Leine ebenfalls so ist.

Was erwartet mich, wenn ich mit Hund pilgere?

Pilgern mit Hund ist toll, aber ich will ehrlich mit euch sein, es gibt einige Herausforderungen, auf die man vorbereitet sein sollte.

Unterkünfte – es ist schwieriger eine Unterkunft zu finden, in der Hunde gestattet sind. Mitunter muss man tiefer in die Tasche greifen. Durch die eingeschränkte Auswahl können Spontanität und Flexibilität leiden. Die günstigen, öffentliche Herbergen gestatten meist keine Hunde.

Persönliche Erfahrung – Unterkünfte mit Hund
Es hält sich das Gerücht, dass Hunde generell nicht erlaubt sind in Herbergen. Oft ist dies auch bei öffentlichen oder kirchlichen Herbergen der Fall. Dennoch gibt es Möglichkeiten, mit Hund in privaten Herbergen / Hostels, Pensionen oder Appartements zu übernachten. Das Thema Unterkünfte behandele ich ausführlich im vierten Artikel #4 Unterkünfte mit Hund.

Teurer – Unterkünfte können per se teurer sein, dazu kommt manchmal noch eine separate Gebühr, An- und Abreise, mehr Erholungstage, Ausrüstung.

Zusatzgewicht – das Gepäck wird schwerer, denn Hundefutter und Ausrüstung müssen mitgenommen werden. Ob und wieviel Gewicht der Hund in einer Packtasche tragen kann, hängt vom Hund ab und muss gut vorbereitet werden (siehe Artikel #5 Futter & Ausrüstung).

Verantwortung & Rücksichtnahme – Hund füttern und versorgen, Hundefutter organisieren, Pfoten checken, Etappenlänge und Erholungstage anpassen, Supermarkt Besuche/Kirchenbesuche organisieren – kann der Hund draußen warten, kann er in der Unterkunft bleiben? Im schlimmsten Fall: Tierarztbesuch, Abbruch der Pilgerreise.

Café oder Restaurantbesuch – wer in Spanien oder Portugal unterwegs ist, sollte sich auf Einschränkungen bei Bar, Café oder Restaurantbesuchen einstellen. Hunde sind dort meistens nicht gestattet (Ausnahme im Außenbereich).

Wer auch diese Kriterien erfüllt, sollte sich offen mit dem nächsten Thema auseinander setzen:

Sind meine persönlichen Ziele mit meinem Hund vereinbar?

Es gibt so viele verschiedene Gründe den Jakobsweg zu gehen, wie Pilger auf dem Weg. Wichtig ist, dass sich die persönlichen Ziele und Vorstellungen mit einem Hund vereinbaren lassen.

Ist es für die einen wunderbar, den Hund an ihrer Seite zu wissen und eine Freude, sich auf die Herausforderungen einzulassen, gibt es auch die andere Seite.

Jemand, der ein Thema intensiv für sich bearbeiten will und sich dabei voll und ganz vom Weg treiben lassen möchte wird keinen Kopf für die Bedürfnisse eines Hundes haben. Auch sportliche Ziele mit 40 km sind auf Dauer mit den meisten Hunden kaum möglich.

Jeder muss individuell entscheiden, wie er seinen Weg gehen möchte und ob der Hund zu diesen Vorstellungen passt. Dazu habe ich einige Fragen zusammengestellt, die ehrlich beantwortet werden sollten:

  • Warum will ich auf den Jakobsweg gehen?
  • Welche Ziele verfolge ich auf dem Jakobsweg?
  • Lassen sich diese Ziele mit meinem Hund vereinbaren?
  • Bin ich bereit mögliche Einschränkungen in Kauf zu nehmen, damit mein Hund mit mir pilgern kann?
  • Lässt mein Budget es zu, auf teurere Unterkünfte zurückzugreifen oder bin ich bereit ein Zelt mitzunehmen?
  • Kann ich mit Hund zum gewünschten Weg an- und abreisen?
  • Habe ich einen geeigneten Hund?
  • Bin ich in der Lage das Zusatzgepäck zu tragen oder kann ich es auf den Hund verteilen?
  • Traue ich mir zu, die Verantwortung für einen Hund in allen Eventualitäten zu übernehmen (z.B. Tierarztbesuch in einem fremden Land; Umbuchung der Unterkünfte; vorzeitige Heimreise)?

Checkliste Hund

  • Gesund
  • Bewegungsfreudig
  • Richtiges Alter – bei Junghunden und älteren Hunden Rücksprache mit dem Tierarzt halten
  • Robust für lange Etappen, Regen, unterschiedlichen Bodenbelag, evtl. wechselndes Futter, wechselnde Orte
  • solide Grunderziehung – Leinenführigkeit, Rückruf, Sozialverhalten gegenüber Mensch & Hund, alleinbleiben
  • Hund erfüllt Einreisebedingungen – falls außerhalb Deutschland

Checkliste Mensch

  • Ich kenne meine Ziele und sie lassen sich mit meinem Hund vereinbaren
  • Ich nehme Rücksicht auf die Bedürfnisse meines Hundes und trage die Verantwortung
  • Ich bin bereit, mehr Zeit und Geld in die Unterkunftssuche zu investieren (oder ich nehme ein Zelt mit)
  • Mir ist bewusst, dass ich mit Hund anders pilgere als ohne Hund

Übersicht der geplanten Beiträge

Die sechsteilige Blogserie führt euch durch die Planung eures Jakobsweges

#1 Leitfaden – Pilgern mit Hund: #1 Übersicht
#2 Leitfaden – Pilgern mit Hund #2 Voraussetzungen & Vereinbarkeit
#3 Leitfaden – Pilgern mit Hund #3 Planung & Vorbereitung
#4 Leitfaden – Pilgern mit Hund #4 Unterkünfte auf dem Jakobsweg
#5 Leitfaden – Pilgern mit Hund #5 Futter & Ausrüstung
#6 Leitfaden – Pilgern mit Hund #6 Unterwegs auf dem Jakobsweg

Fragen?

Du planst deinen Jakobsweg mit Hund und hast noch Fragen? Schreib es mir gerne in die Kommentare.

2 Antworten auf “Leitfaden – Pilgern mit Hund #2 Voraussetzungen & Vereinbarkeit”

  1. Hey Katrin,
    Voller Begeisterung habe ich deine Artikel gelesen.
    Nächstes Jahr möchte ich ,dann als Frührentnerin, gemeinsam
    mit Micky(5 Jahre Chiahuahua,sportlich,gehorsam,sozial verträglich)
    Auf den Weg machen….dachte da an die Caminos, die gut erprobt sind.
    Zur Sicherheit,damit ich mich nicht mit zu schwerem Tragen überlaste( Hund
    Wiegt 3kg), habe ich die Idee ein Anhänger für Hund und Gepäck mit zu nehmen.
    Für welchen Weg wäre dies denkbar?
    Liebe Grüße
    Claudia mit Micky

    Antworten

    1. Hey Claudia und Micky,
      Danke für deinen Kommentar. Wie schön, dass ihr auch bald euren Camino in Angriff nehmen wollt! Wenn du von den erprobten Caminos sprichst, gehe ich davon aus, du meinst die bekannteren spanischen und portugiesischen Jakobswege? Der Camino Portugues von Porto nach Santiago gilt als Weg, der auch für Anfänger geeignet ist, da die Wege gut begehbar sind und es nicht allzu viele Steigungen gibt, sodass auch ein Anhänger möglich sein sollte. Wenn du weitere Informationen brauchst, melde dich gerne!
      Viele Grüße und eine schöne Vorbereitungszeit für euch wünschen Katrin mit Lola

      Antworten

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