E8 Alteburg zum Trekkingcamp Schmidtburg – Umweg mit Enttäuschung und Happy End
Die vierte Etappe beginnt mitten im Wald auf dem Trekkingcamp Alteburg. Beim Frühstück beschließe ich einen Abstecher nach Gemünden zu machen, wo meine hungrige Augen eine Pizzeria auf der Karte entdecken. Ich raste in einer Luxus-Schutzhütte und verbringe die Nacht direkt in den Gemäuern der Schmidtburg – ein Highlight des Soonwaldsteigs!
Die Nacht war kühler und ruhig. Morgens habe ich schon eine bessere Routine, weiß wo alles liegt und in welcher Reihenfolge ich was erledige. Das ich mit Frühstück, abbauen und einpacken trotzdem 1,5 Stunden brauche überrascht mich. Irgendwie dachte ich, ich wäre schneller…
Pizzalust siegt über Vernunft
Gestern Abend hatte ich auf der Karte gesehen, dass der Ort Gemünden in Laufreichweite vom Soonwaldsteig liegt. Und meine hungrigen Augen sehen doch tatsächlich eine Pizzeria die laut Google geöffnet haben soll. Die letzte warme Mahlzeit habe ich vor zwei Tagen in Argenthal gegessen. Gestern habe ich mich ausschließlich von Riegeln und Snacks aus dem Rucksack ernährt. Wie soll meine Vernunft dem hungrigen Magen erklären, das wir noch genügend Vorräte haben und keine Pizza brauchen? Keine Chance und der Abstecher nach Gemünden ist beschlossene Sache. Außerdem gibt es eine Metzgerei, in der ich für Lola Fleisch kaufen kann, argumentiere ich und versuche den eigentlich unnötigen Abstecher Lola in die Pfoten zu schieben.
Bis Gemünden sind es ca. 8 km und ich müsste ohne Probleme rechtzeitig zum Metzger kommen und zur Pizzeria.
Unterwegs vom Trekkingcamp Alteburg bis nach Gemünden
Der Gedanke an die Pizza zum Mittagessen beflügelt mich. Ich laufe los und der Weg ist super. Erst waldig, dann über Felder und Lola darf an die Schleppleine und in ihrem eigenen Tempo laufen und schnuffeln.
Beim Abzweig nach Gemünden laufe ich dann falsch – nämlich weiter dem Soonwaldsteig hinterher. Ich bemerke die Überraschung an der Burg Koppenstein zu der ich gerade mühselig aufgestiegen war. Zum Glück bemerke ich mein Missgeschick überhaupt so schnell und drehe gerade wieder um.
Auf dem Zubringer nach Gemünden, der gut sichtbar mit „Zubringer“ ausgeschildert ist, treffe ich ein älteres Ehepaar, die mich ansprechen wohin es geht. Schnell entsteht ein interessantes Gespräch und es stellt sich heraus, dass der Mann nächstes Jahr 600 km an die Nordsee laufen mochte. Wir sind also Ferwander-Kollegen und tauschen uns kurz dazu aus. Eine sehr nette Begegnung!
Happy End auf dem Supermarkt Parkplatz
Durch den falschen Abstecher schaffe ich es nicht bis 12.30 Uhr zum Metzger um Lola Fleisch zu kaufen. Die weiß ja zumindest nicht, was ihr durch unseren falschen Abstecher entgangen ist.
Also und direkt weiter zur Pizza. Schon von weitem sehe ich hochgestellte Stühle. Mein Verstand will nicht akzeptieren was die Augen schon von weitem sehen. Das Schild in der Tür bestätigt meine Befürchtung, Betriebsferien. Das darf doch nicht wahr sein! Cool bleiben, es gibt bestimmt noch ein anderes Restaurant. Stimmt, Gemünden ist gut aufgestellt, nur leider hat das zweite Restaurant Dienstags Ruhetag.
Jetzt heißt es pragmatisch bleiben. Ich prüfe erneut die Karte und laufe, das Fluchen unterdrückend an der schattenfreien Hauptstraße durch den ganzen langgestreckten Ort bis zum Netto. Dann eben in den Supermarkt. Auf einer Wiese mit Baum kann ich Lola anbinden und sie hat sogar Schatten und wartet auf ihrer Fleecematte mit ausreichend Wasser. Noch nie zuvor, habe ich mir die nähere Umgebung eines Supermarktes so genau angeschaut. Ab jetzt wird jeder Laden danach beurteilt, ob und wie man seinen Hund draußen warten lassen kann. Hier vergebe ich gerne eine glatte Eins.
Obwohl meine Vorräte noch gut gefüllt sind, kauft mein leerer Magen ein: Salat, Smoothie, Schokodrink und für Lola eine Schale Fleisch. Das ewige Hin und Her durch Gemünden fordert einen sofortigen Verzehr der eingekauften Waren auf dem Parkplatz. Wir müssen ein komisches Bild abgeben wie wir auf der Wiese sitzen, es ist uns egal.
Mit gefülltem Magen und besserer Laune geht es die ganze Chose wieder zurück und mir fällt ein, das ich ja bei der Pizzeria mein Handy laden wollte. Durch das Übernachten auf den Trekkingcamps muss ich tagsüber zusehen, wo ich meinen Strom herkriege. Zwar habe ich eine Powerbank dabei, aber die reicht auch nicht ewig. Außerdem brauche ich ein paar Blatt Klopapier, das ich mir meistens in einem Café mitnehme und dafür ein Trinkgeld dalasse. Damit kann mein Gewissen gut leben.
Also kehre ich ins Café ein, in das zu meiner Überraschung auch Loli mit darf. Die Bedienung guckt sich die Hunde immer genau an – offensichtlich haben wir ihren Test bestanden und auch das Handy darf ich laden, fein. Als ich mich gerade vor die Theke an den Tisch mit der Steckdose setzen will, kommen dann doch Bedenken bei der netten Dame und der Hinweis, dass es auch einen Hinterraum gibt. Ich muss schmunzeln, und frage mich ob ich schon so schlimm aussehe und rieche, dass man mich von den anderen Gästen fernhalten muss?
Egal, der Hinterraum ist mir eigentlich eh viel lieber, hier nehme ich einen großen Tisch in Anspruch und breite mich aus. Obwohl ich pappsatt bin, bestelle ich ein süßes Stückchen und einen Kaffee. Gemünden hat seine Chance genutzt und das Restaurant Debakel wieder gut gemacht.
Nichts geht mehr!
Satt gegessen rolle ich aus Gemünden raus und laufe etwas oberhalb am Feldrand. Mittlerweile steht die Sonne hoch und es ist entsprechend heiß. An einer Wegbiegung beschließt Lola zum ersten Mal auf der Tour, dass sie jetzt Pause braucht. Hinlegen, ausruhen. Zwar ist es schon spät und ich würde gerne weiter, aber natürlich rasten wir und ich nutze die Zeit für die Recherche des Weges der nächsten Tage. Ich stelle fest, das mein geplantes nächstes Etappenziel Fischbach gar keinen Campingplatz hat. Stattdessen beschließe ich also nach Kirn zu laufen. Damit hätte ich sogar den Soonwaldsteig offiziell von Anfang bis Ende gewandert. Die Änderung der Route fühlt sich gut und richtig an.
Steine-Hüpf-Weg und Teufelshütte
Weiter geht’s in der Hitze und bis zur Simmernbrücke. Hier könnte man schön Füße baden, wenn es nicht schon so spät wäre.
Nach der Brücke beginnt der Anstieg, 4 km nur bergauf. Schweißtreibend und mein Kopf platzt fast, aber irgendwie geht es weiter. Dann kommt ein hakeliger Weg, bei dem man von Stein zu Stein hüpft. Das muss die Stelle sein, die Christl aus dem Takt gebracht hat. Ich hingegen finde den Weg sehr schön, nur kommt man langsam voran.
Schließlich sehe ich den Abzweig zur Teufelshütte. Die Hütte ist komplett neu gebaut und eine echte Luxus Oase mitten im Wald. Von der Terrasse aus hat man einen Blick ins Tal und innen steht Tisch und Sitzbänke. Mit echter Tür, bietet die Hütte Schutz vor Wind und Wetter und ein geräumiges Inneres mit einer zweite Ebene. In einem Bodenfach ist Wasser deponiert und ich da meine Vorräte nach dem langen Anstieg fast leer sind trinke ich direkt ein Sprudelwasser und lasse die Pfandflasche zurück. Lola bekommt das restliche Fleisch bevor wir die letzten 6 km in Angriff nehmen.
Ich bin unkonzentriert, biege zweimal falsch ab, ärgerlich. Der Weg geht in einer weiten Schleife um Schleppenbach herum und man könnte abkürzen, was ich natürlich nicht tue. Das letzte Stück weg verläuft entlang eines Wasser Erlebnis Pfades. Dann kommt nach 10 h unterwegs endlich die Burg!
Trekkingcamp Schmidtburg
Ich finde meinen Zeltplatz, den Zwinger und bin happy. Hier passt alles, die Burgkulisse ist ein echtes Highlight. Wann hat man schon die Gelegenheit in den Gemäuern einer alten Burg zu übernachten? Kein Wunder also, das die Zeltplätze vom Trekkingcamp Schmidtburg meist ausgebucht sind. Nicht nur Soonwaldsteig Wanderer übernachten hier, sondern auch für Familien und Wochenendausflüge ist dieser Ort beliebt. Eine rechtzeitige Buchung ist also unbedingt zu empfehlen. Der fehlende Empfang an der Schmidtburg sorgt für Digital Detox.
Heute Abend ist es jedoch ruhig. Eine Mutter mit zwei Kindern und zwei Studenten sind meine heutigen Nachbarn. Viele der Plätze in der verwinkelten Burg bleiben frei.
Lola jagd die Mäuse in den Mauer Zwischenräumen, offensichtlich ist noch genügend Energie übrig.
Ich lerne die beiden Studenten Nikolai und David kennen, die den Soonwaldsteig heute in Kirn gestartet haben. Es ist für die beiden die erste Wanderung mit Zelt. Sie navigieren mit Papierkarte und haben Mahlzeiten mit abgezählten Kalorien dabei. Beides mache ich nicht. Ersteres, weil ich keine Lust habe mich auf eine Papierkarte und meine Navigationskünste zu verlassen und Letzteres, weil ich gar keine Zeit hatte vor Abreise jede Mahlzeit durchzuplanen und es bei so kurzen Abschnitten ohne Einkaufsmöglichkeit eigentlich nicht nötig ist.
Abends mache ich wieder Yoga um den Körper flexibel zu halten.
Da es hier fließendes Wasser gibt, kann ich mich großzügig waschen und muss ausnahmsweise nicht mit mehreren Schichten aus Schweiß und Sonnencreme in den Schlafsack steigen. Eine echte Wohltat!
Morgen wandere ich bereits die letzte Etappe auf dem Soonwaldsteig – von der Schmidtburg bis nach Kirn, es geht voran!
Übersicht Etappe 8
Etappe: Trekkingcamp Alteburg – Gemünden – Trekkingcamp Schmidtburg
Strecke: Landschaftlich sehr abwechslungsreich: auf Wald- und Feldwegen ab Alteburg, Aufstieg durch den Wald zur Burg Koppenstein, Abstecher nach Gemünden durch die Ortschaft und auf sonnigen Feldern zurück zum Steig, anspruchsvoller Weg von Stein zu Stein und länger Anstieg zur Teufelshütte, an einem Flusslehrpfad entlang und Aufstieg zur Schmidtburg
Tageskilometer: 25,7 km
Aufstieg/ Abstieg: 738 / 988
Gesamtkilometer: 193 km
Datum: 16.8.2022
Wetter: 29°C, meist sonnig
Wasser/Einkehrmöglichkeiten: Brunnen am Trekkingcamp Alteburg (kein Trinkwasser, muss gefiltert werden!), Abstecher nach Gemünden mit Einkaufsmöglichkeiten (liegt nicht direkt am Steig), Teufelshütte (Wasser Depot in der Hütte), Wasserhahn an der Schmidtburg (kein Trinkwasser, muss gefiltert werden!)
Übernachtung: Trekkingcamp Schmidtburg, 15€/Zelt
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