GR10: Pyrenäen Tagebuch #2 Unterwegs im Pays Basque

In 7 Etappen laufen wir von Saint-Jean-Pied-de-Port bis in die Geisterstadt La Pierre Saint Martin. Bei Sonnenschein genießen wir fantastische Aussichten und die Landschaft wechselt von grün zu felsig.

Etappe 7, 28.9.23: Saint Jean Pied de Port – Çaro – Col d’Handiague – Estérençuby – Plateau Phagalcette

Tageskilometer, Aufstieg/Abstieg: 17,6 km, 921/470

Übernachtung: Biwak bei der Gite Kaskoleta (5€/Person), WC und heiße Dusche in der Gite

Auf dem Weg aus Saint Jean Pied de Port heraus kaufen wir nochmal im Carrefour ein. Für viele Tage ist es die letzte „große“ Einkaufsmöglichkeit.

Auf Asphaltstraße bei 30°C und Sonne laufen wir schließlich los. Doch die Hitze zwingt uns zu vielen schattigen Pausen und wir kommen nur schleppend voran.

Bereits in Çabo ist unser Wasservorrat erschöpft und wir füllen am Brunnen alles wieder auf.

Landschaftlich ist die Etappe wenig spektakulär. Wir laufen an Weiden vorbei, sehen Schafe, Kühe und vereinzelt Pferde.
Hinter Estérençuby wollen wir uns einen Biwakplatz suchen. Deshalb füllen wir an der Kirche nochmals Wasser auf. Zum ersten Mal füllen wir dafür auch unsere 3 Liter Faltflasche zusätzlich zu unseren normalen Flaschen (3L). Mit 6 L Wasser sollten wir über Nacht und bis zur nächsten Nachfüllstation am nächsten Tag kommen.

Von Estérençuby laufen wir auf der Straße bergauf. Einen Biwakplatz finden wir hier jedoch überhaupt nicht. Alles zu steil. Also laufen wir weiter bis zum Plateau Phagalcette. Hier ist mitten im Nirgendwo die Unterkunft Chalet et Gite d’etape Kaskoleta, bei der man laut Wanderführer zelten kann.
Das Gebäude ist jedoch verlassen, an der Tür hängt ein Zettel mit Telefonnummer. Also rufe ich an und frage ob wir hier zelten können. Jawoll, es kommt gleich jemand vorbei. Neben dem Haus ist eine ebene Zeltfläche mit hervorragender Aussicht, wo wir dankbar unser Zelt aufschlagen.

Auf ruhigen Straßen laufen wir von Saint-Jean-Pied-de-Port Richtung Estérençuby
Pause in einem seltenen Schattenstück
An der Kirche in Estérençuby füllen wir die Wasservorräte – 6L für die abends, nachts und morgens
Ankunft bei Sonnenuntergang bei der Gite Kaskoleta auf dem Plateau Phagalcette – der schüchterne weiße Hund empfängt uns

Etappe 8, 29.9.23: Plateau Phagalcette – Col d’Irau – Cromlechs d’Occabé – Chalet Pedro – Refuge Aterbea

Tageskilometer, Aufstieg/Abstieg: 15 km, 1075/701

Übernachtung: Biwakwiese am Fluss unterhalb der Schutzhütte, WC und Wasser in der Hütte

Nach dem gestrigen Hitze-Desaster stehen wir heute früh auf. Als wir das Zelt öffnen begrüßt uns der Tag mit einem wunderbaren Bergpanorama. Die Nacht war mild und wir frühstücken ohne zu frieren im T-Shirt.

Der erste Anstieg ist schnell geschafft und auf einer flachen Schotterstraße kommen wir schnell voran. Lola läuft zum ersten Mal an ihrer Schleppleine. Allerdings muss sie ihren Tatendrang zügeln und zwischen uns bleiben. Überall könnten Schafe, Kühe oder Pferde neben uns auf der Weide oder vor uns auf dem Weg stehen.

Der Weg führt uns ins Tal zu einem Flussbett mit hervorragenden Stellen zum Übernachten. Dann biegt der Weg von der gemütlichen Schotterstraße ab und auf einem steilen und steinigen Pfad beginnt der lange Anstieg von 800 Höhenmeter. Im ersten Schatten fallen wir über die Leckereien aus der Stadt her. Ziegenkäse, dazu gibt es Salami und TUC Kekse. Zum Nachtisch getrocknete Apfelringe und Ananas.

Auf einer Asphaltstraße werden wir plötzlich von zahlreichen Rennradfahrern überholt. Hier findet offensichtlich gerade eine größere Tour statt. Zumindest spricht das professionell aussehende Kamerateam dafür.

Die letzten Höhenmeter haben es in sich, denn auf einem exponierten Wiesenpfad geht es auf über 1400 m. Eine Schafherde umlaufen wir großräumig, um die Tiere nicht zu stören und einen eventuell vorhandenen Patou (Herdenschutzhund) nicht auf uns aufmerksam zu machen.

Am Occabé Gipfel haben wir den höchsten Punkt des Tages erreicht. Hier oben gibt es antike Steinkreise zur Verbrennung der Toten.
Im Wald steigen wir ab bis zur Schutzhütte Aterbea. Direkt dahinter erwartet uns ein fantastischer Biwakplatz direkt am Fluss. Das Areal ist offizielles Biwakgelände und für Zelte kostenlos. Viele Wohnmobile nutzen den Platz ebenfalls, aber die Zeltwiese ist abgetrennt und ruhig. Oben an der Straße befindet sich die Schutzhütte mit Trinkwasser und Toiletten, sogar eine Steckdose finde ich.

Wir sind so früh, dass wir in der Abendsonne im eisigen Fluss baden und anschließend noch in der Sonne kochen und essen können. Es gibt Couscous mit Gemüse und Chorizo.

Lola findet währenddessen ein spannendes Mauseloch und hat offensichtlich noch genügend Energie zum buddeln und verschwindet kopfüber im Loch bis wir sie ins Zelt rufen.

Frühstück mit toller Aussicht bei der Gite Kaskoleta am Plateau Phagalcette
Auf dem Weg zum Occabe Plateau – Lola genießt die Aussicht
Antike Steinkreise
Zelten am Fluss beim Refuge Aterbea

Etappe 9, 30.9.23: Refuge Aterbea – Lac Iraty – Chalets Iraty – Col d’Ugatze

Tageskilometer, Aufstieg/Abstieg: 12 km, 657/512

Übernachtung: Biwak auf Bergkamm hinter Iraty, exponiert, kein Wasser

Die Nacht am Fluss war kalt, zum ersten Mal stecke ich morgens meine Nase nochmal tief in den Schlafsack, aus dem auch Lola sich die halbe Nacht nicht herausgewagt hat. Für Till war es noch schlimmer, denn sein Schlafsack ist deutlich schlechter und trotz zusätzlichem Innenschlafsack und besserer Isomatte friert er schneller. Das Thermometer an der Uhr zeigt 6°C im Zelt an, draußen also wahrscheinlich um die 4°C. Dazu kommt die Nässe, denn die Außenhülle vom Zelt ist außen und innen tropfnass. Die Sonne hat es noch nicht über den Berg geschafft, die Chance es zu trocknen vor dem Loslaufen liegt bei Null. Also packen wir den nassen Lappen ein. Den neuen Trockensack aus Saint-Jean Pied-de-Port sei Dank, bleibt das Zelt in seinem Saft stehen, während der Rest des Rucksacks trocken bleibt.

Bis zum Mittagessen laufen wir die ersten 400 Höhenmeter durch schattigen Wald nach oben und vorbei am See Lac d’Iraty. Von dort ist es nicht mehr weit bis zum Wintersportort Iraty. Wir entdecken kleine Holzhütten am Weg, die zu einer Ferienhaussiedlung mit Einkaufsmöglichkeit und Restaurant gehören.

An der Anmeldung schauen wir durchs Schaufenster in den Lebensmittelladen, der neben vielen Souvenirs scheinbar auch Essbares bietet. Jetzt jedoch ist Mittagspause. Wir haben keine Lust zu warten und laufen weiter zum 700m entfernen Restaurant. Hier soll laut Wanderführer ebenfalls ein Lebensmittelladen sein, den ich auch auf der OSM Karte entdecke.

Auf der Terrasse haben wir einen wunderbaren Ausblick und sehen zum ersten Mal auf den Pic d’Anie. Er ist der westlichste Pyrenäengipfel, der die 2.500 m-Grenze überragt und formschön am Horizont erscheint.

Auf Anfrage bekommen wir die Speisekarte. Die Kellnerin hat uns zunächst ungläubig angeschaut, als ich gesagt habe, dass wir essen möchten. Offensichtlich passen wir in unserem Aufzug nicht ins übliche Bild.

Der Menüpreis liegt in der abgelegenen Ferienregion höher als wir es gerne hätten, aber dafür speisen wir außerordentlich lecker und vor allem üppig. Ein großer Topf Gemüsesuppe reicht für 4 volle Teller. Als Hauptspeise entscheiden wir uns für die Hirtenplatte mit Wurstvarianten und Gemüsepfanne mit Ei plus Beilage. Zum Nachtisch der obligatorische Gateau Basque. Laut Till ist es übrigens das beste Baskentörtchen von allen bisher probierten.

Den Lebensmittelladen gibt es hier übrigens nicht (mehr?). Zurücklaufen wollen wir nicht, deswegen kaufen wir kurzerhand ein großes Stück Schafskäse beim Bauer vor dem Restaurant. Wer braucht schon Brot, wenn er Käse hat?

Kurz hinter dem Col d’Ugatze finden wir unerwartet unseren Schlafplatz. Auf einem Kamm haben wir eine fantastische Aussicht in alle Richtungen. Zwar steht unser Zelt hier absolut ungeschützt und exponiert, aber das Wetter ist gut. Kein Wind oder Sturm sind vorhergesagt. Trotzdem geben wir uns hier oben besondere Mühe beim Abspannen.

Die Atmosphäre auf unserem kleinen Plateau ist wunderbar. Till genießt die Aussicht, Lola kaut Knochen und ich mache Yoga in der Abendsonne. Alles ist perfekt und genau so, wie es sein soll. Wir sind uns einig, genau diese besonderen Momente machen unsere Pyrenäen Tour aus!

Wasser aus der Viehtränke für durstige Wanderhunde
Bei den Chalets d’Iraty gibt es ein Restaurant mit Aussichtsterrasse und einen Käseverkauf
Gateau Basque – baskisches Törtchen für Till
Gestärkt schaffen wir den Anstieg zum Col d’Ugatze
Diese stacheligen Pflanzen wachsen hier überall
Herrlicher Schlafplatz auf dem Kamm mit Ausblick

Etappe 10, 01.10.23: Col d’Ugatze – Gite und Snackbar Logibar – Larrau

Tageskilometer, Aufstieg/Abstieg: 14,4 km, 533/1064

Übernachtung: Campingplatz Larrau (2,5 km vom GR10 entfernt), sehr schöner Platz! Kleiner Wagen mit Lebensmitteln direkt auf dem Campingplatz, bis September Pizza vor Ort, Café/Bar für Getränke und Baguette & Croissants (Aufgebacken)

Der Tag beginnt mitten in der Nacht, denn Lola muss dringend raus. Abends hat sie ausgiebig gefressen, gekaut und vor allem getrunken.

Bei Vollmond laufen wir über den Kamm, wohl bedacht nicht zu weit rechts und links zu laufen, wo es jeweils steil runtergeht. Die Nacht ist wunderbar mild, wie ich nur mit T-Shirt und Unterhose bekleidet feststelle.

Nach einigem Schnüffeln hier und da, ist das lange Pipi erledigt und wir schon fast auf dem Rückweg zum Zelt, als es im Busch neben uns raschelt.

Ein Tier? Aber welches?

Lola ist sofort auf 180, bellt und knurrt den Busch an. Auch ich lasse mich nachts allein auf dem Berg von der Unruhe anstecken. Schließlich gibt es in den Pyrenäen sogar Bären. Mit der Kopflampe leuchte ich die Raschelstelle ab, aber ich kann den Grund der Raschelns nicht erkennen. Zumindest leuchten mir keine Augen entgegen. Was auch immer da geraschelt hat, ich will weiter schlafen und bugsiere uns erstmal zurück ins Zelt.

Till hat von unserem Ausflug nichts mitbekommen und liegt mit voller Klamotten-Montur eingemummelt im Schlafsack, die Wintermütze griffbereit neben dem Kopf. Ich muss grinsen. Die vorherige Nacht war so kalt, dass er sich heute gut ausgestattet hat. Blöd nur, dass es heute Nacht 21Grad hat und er jetzt schwitzend im Schlafsack liegt und sich nun mühevoll wieder auszieht.

Schnell merke ich, dass es keine gute Idee war, ohne Identifizierung der Ursache des Raschelns fort zu gehen. Lola lässt die ungeklärte „Gefahrensituationen“ keine Ruhe. Noch immer sitzt sie steif und angespannt im Zelt und bellt und knurrt die Dunkelheit an. Sie lässt sich nicht beruhigen und raubt uns den Schlaf.

Irgendwann höre ich wie büschelweise Gras neben unserem Zelt herausgerissen wird. Es folgen schmatzende Geräusche. Als es schnaubt, weiß ich, dass es ein Pferd ist, dass sich am saftigen Gras erfreut. Mit dieser Auflösung des Rätsels scheint auch Lola zufrieden, denn endlich ist Ruhe.

Die Ruhe hält leider nur bis kurz vor Sonnenaufgang. Denn plötzlich stehen gleich 5 Pferde um unser Zelt herum. Das würde uns nicht weiter stören, wenn nicht ausgerechnet das Gras unter unserem Zelt das leckerste und begehrteste zu sein scheint. Nachdem in Rumänien schonmal ein Pferd unseren robusten Outdoor Müllsack angefressen hat, haben wir Angst vor weiteren Unfällen mit unserer Ausrüstung. Ein angefressenes Zelt, gerissene Leinen oder schlimmeres können wir wirklich nicht brauchen. Till versucht die großen Tiere auf Abstand zu halten, was immerhin kurzzeitig gelingt. Doch eines der Pferde ist hartnäckig und kommt ständig wieder in unsere Nähe, bis wir schließlich resigniert abbauen und von dannen ziehen.

Um 9 Uhr laufen wir los und sind guter Dinge zum Mittagessen in der Logibar anzukommen. 12 Kilometer bergab, das sollte doch in 3-4 Stunden zu schaffen sein!

Nicht gerechnet haben wir mit einer Änderung der Wegführung, die uns einmal mehr als erwartet über den Berg schickt. Auch mit komplett zugewachsenen Wegen haben wir nicht gerechnet. Dichte Brombeersträucher zerkratzen uns die Beine. Lola wird über die schlimmsten Stellen getragen. Und dann ist auch noch der Weg von schlammigen Furchen durchzogen. Nach der langen Trockenheit, ist der Weg zum Glück nicht allzu matschig. Trotzdem kommen wir nur langsam voran.

Die letzten 500 Höhenmeter rutschen wir auf einer zerrütteten Schotterpiste bergab. Das Thermometer ist längst auf über 30Grad geklettert und die Sonne brät uns erbarmungslos. Auch wenn wir eigentlich froh sind, über dieses fantastische Wanderwetter mit dem wir zu dieser Jahreszeit nie gerechnet hätten, fluchen wir innerlich. Lola hängt die Zunge fast bis zum Boden und wir halten in jedem Schatten an, um kurz abzukühlen. Die Gefahr von einem Hitzschlag bei Hunden ist nicht zu unterschätzen, denn außer Hecheln haben sie der Hitze nichts entgegen zu setzen.

Das Wasser ist beinahe aufgebraucht, auf der Etappe hatte es nur einige Viehtränken, an einer haben wir zum Glück nochmal 2 Liter gefüllt. Der restliche halbe Liter bleibt eisern für Lola reserviert, wir können den Durst besser aushalten.

Viel später als gedacht erreichen wir die Logibar. Eine in die Jahre gekommenen Bar, die auch als Wanderunterkunft dient. Tagsüber kehren Wanderer und Touristen auf ein Getränk oder Sandwich ein. Wir fallen über kalte Getränke, Sandwichs und ein Eis her, als hätten wir mehrere Tage gehungert. Der Weg verlangt uns einiges ab. Viel mehr als die körperliche Anstrengung setzen mir die mittlerweile dicken Schichten aus Schweiß, Dreck und Sonnencreme auf der Haut zu. Auch der T-Shirt Stoff ist speckig und schreit nach Waschmaschine.

Gestärkt schaffen wir die letzten 2 Kilometer auf der Straße bis Larrau auf den Campingplatz. Sogar einen kleinen Lebensmittel Laden gibt es hier, der unsere Versorgung für die nächsten Tage sichert.

Dusche und Waschmaschine werden prompt von uns in Beschlag genommen.

Morgens am Schlafplatz auf dem Bergkamm
Sonnenaufgang beim Biwakieren
Direkt vorm Fenster
Wanderpfötchen Lola auf dem Weg nach Larrau
Auf dem GR10 mit Hund zwischen Iraty und Larrau
Bei der Logibar zu gibt es Sandwich und kalte Getränke für uns

Pausetag in Larrau

Montag Vormittag ist Arbeitstag für Till.

Ich plane derweil die nächsten Etappen und stelle fest, dass wir Proviant für 3-4 Tage bis Lescun mitnehmen müssen.

Der Lebensmittelverkauf auf dem Campingplatz freut sich über unseren Großeinkauf. Schafskäse aus dem Dorf, Schinken und Chorizo vom Bauernhof aus dem Nachbarort, hausgemachter Jogurt. Wann immer möglich kaufen wir regionale Produkte. Dazu Kekse, Couscous, Äpfel, Trauben, Baguette, Müsli. Vieles wird hier auch einzeln verkauft, was uns entgegen kommt. Beispielsweise Toilettenpapier, denn das ist auch auf Campingplätzen oft mitzubringen. Womit wir nie gerechnet hätten – auch eine Flasche Sonnencreme müssen wir nachkaufen.

Nachmittags bereite ich uns eine riesige Portion Maronen vor, die derzeit in Hülle und Fülle herumliegen. Die stacheligen Fruchtbecher purzeln regelmäßig auf unseren Platz und verfehlen uns und das Zelt oft nur knapp. Einen ganzen Topf bereite ich uns als Snack für die nächsten Tage vor.

Einkaufen im kleinen Lebensmittel auf dem Campingplatz in Larrau
Stachelige Maronen auf dem Campingplatz fallen regelmäßig neben uns herunter
Maronenzeit auf dem GR10
Ein ganzer Topf voller Maronen als Snack für unterwegs

Etappe 11, 03.10.2023: Larrau – Logibar – Passerelle d’Holzarté – Col Anhauko Kürütxea – Fluss Errekaltia

Tageskilometer, Anstieg/Abstieg: 21,7 km, 1258/1040

Übernachtung: Biwak am Fluss Errekaltia. Kleine Ausbuchtung, halbwegs eben, Wasser aus dem Fluss, relativ gut geschützt, Achtung: Zecken. Bessere Option zur Übernachtung siehe Etappe 12.

Die ersten Kilometer laufen wir auf der Straße zurück zur Logibar um wieder auf den GR10 zu gelangen.

Von hier aus steigen wir durch die Schlucht Gorges d’Olhadubi über große Felsblöcke bergauf zur Hängebrücke Passerelle d’Holzarté. Die Fußgängerbrücke überblickt die Olhadubi-Schlucht um 180 Meter und ist ein beliebtes Ausflugsziel, dass man in einer Runde vom Parkplatz bei der Logibar aus bewandern kann. Wir haben die Brücke gestern schon auf Postkarten und Tischuntersetzern bewundert. Für Till mit Höhenangst und fehlendem Vertrauen in die Baukunst ist das Überqueren eine Herausforderung. Die Seiten sind gegen herunterfallen gesichert, aber zur Sicherheit trage ich Lola auf die andere Seite, denn der Boden ist aus rutschfestem Metall, das unangenehm für die Pfoten ist.

Die Rucksäcke sind vollgepackt mit Proviant für die nächsten Tage. Bei der ersten Pause reduzieren wie das Gewicht um Baguette mit Schafskäse und Serrano-Schinken. Wenn es schon keine Hütte zur Einkehr gibt, dann sorgen wir eben selbst für unser leibliches Wohl. Lola geht natürlich nicht leer aus und freut sich über die Käserinde. Zum Nachtisch nasche ich noch ein paar Maronen.

Der Anstieg zum Col Anhauko Kürütxea ist immer wieder unterbrochen von flachen Stücken auf Schotterstraßen. Außerdem ist es heute bewölkt und kühl bei maximal 20, was uns nur Recht ist. Der angekündigte Regen lässt auf sich warten, außer ein bisschen Nieselregen bleibt es trocken.

Auf Passhöhe ist es neblig, keine Aussicht für uns.

Auf einer Schotterstraße geht es schnell voran. Mit Biwakplätzen sieht es jedoch schlecht aus, alles zu steil. Erst an einem Fluss haben wir Glück und finden eine Ausbuchtung, in die wir genau reinpassen. Etwas abschüssig auf der einen Seite, aber keiner hat Lust weiter zu laufen, also bauen wir auf. Einziger Nachteil: zum ersten Mal muss ich Zecken von meinen Beinen absammeln, die hier im hohen Gras lauern. Lola, die bereits im Zelt schlummert, geht zum Glück leer aus.

Zum Abendessen gibt es eine Thaisuppe und danach Gemüse Couscous mit scharf-würziger Chorizo.

Passerelle d’Holzarté – Hängebrücke auf 180m Höhe
Lola wird über die Brücke getragen
Beim Aufstieg ist es nur bewölkt…
Je höher wir kommen, desto dichter der Nebel
Lange Zeit ist kein Schlafplatz in Sicht – alles zu steil für unser Zelt
Zelten neben dem Fluss

Etappe 12, 04.10.2023: Fluss Errekaltia – Gorges de Kakuetta (Snackbar und kostenloses Biwak) – Saint Engrace

Tageskilometer, Anstieg/Abstieg: 8,8 km, 295/523

Übernachtung: Biwak unterhalb von Saint Engrace neben der Straße am Fluss, Wasser am Fluss oder 400 m entfernt an der Kirche, nicht allzu exponiert, nicht schön – aber okay für eine Nacht

Die Nacht auf unserem Fleckchen ist wie erwartet sehr ruhig. Abgesehen von der Schieflage, die dazu führt, dass Till auf der rutschigen Isomatte mit dem genauso rutschigen Schlafsack ständig nach unten fährt.

Neben den Zecken sind hier auch die Schnecken eine Plage, die sich zahlreich an Topf, Wasserflasche und Zelt gesammelt haben. Eines der glitschigen Weichtiere klebte außen an der Müslischale und wäre im Halbdunkeln beinah in Tills Mund gelandet.

Der Weg führt uns über einen Urwald ähnlichen Pfad über Stock und Stein, teilweise ist der Untergrund von dem frischen Regen matschig und rutschig.

Dann taucht völlig unerwartet ein Schild zu einer Snackbar auf, nur 100m entfernt vom Weg. An den Gorges der Kakuetta sitzen wir also spontan bei frischem Kaffee und einer hervorragenden gemischten Platte (Assiette) mit Rührei, Schinken, Käse, Salat und Obst. Ein Traum! Die netten Besitzer bieten sogar ein kostenloses und vor allem schönes Biwak an, wie wir auf dem Schild lesen. Hätten wir das gewusst, dann wären wir gestern natürlich noch bis hierher gelaufen. Doch leider schweigt sich der Wanderführer über diesen tollen Ort aus – wie kann das sein?

Bei diesem zweiten Frühstück beschließen wir spontan, heute nur bis Saint Engrace zu laufen, um einen halben Pausetag einzulegen. Tills Hüfte schmerzt und wenn wir weiterlaufen würden, dann müssten wir ziemlich lange und steil bis zum Col-de-la-Pierre-Saint-Martin durchlaufen. Unterwegs können wir nicht auf ein flaches Plätzchen hoffen und da morgen Arbeiten ansteht, brauchen wir Internet, können also nicht irgendwo in einer Schlucht zelten.

Außerdem haben wir große Lust uns bei der Halbpension der Unterkunft in Saint Engrace einzubuchen.

Die 3 Kilometer bis Saint Engrace sind schnell gelaufen und unterwegs überlegen wir schon, was es wohl zum Abendessen geben wird.
Erwartungsvoll laufen wir ins ‚Dorf‘, das eigentlich nur aus der Kirche und drei Häusern besteht.

Doch was sehen meine Augen da? Unterkunft und Restaurant sind geschlossen bis nächste Woche. Die Enttäuschung ist groß. Dahin ist unser gemütlicher Pausetag in der Unterkunft, dahin unser französisches Drei-Gänge-Menü mit erhofftem Eintopf und Käseplatte.
Resigniert sitzen wir vor der Kirche und beratschlagen uns. Was nun?

Schließlich füllen wir unsere Wasservorräte auf und schlagen unser Lager unterhalb von Saint Engrace auf. Neben der Straße ist eine freie Fläche. Es ist kein schöner Platz, aber gerade die beste Lösung.

Die Biwakregeln tolerieren das freie Zelten zwischen 19 Uhr und 9 Uhr. Solange wollen wir aber nicht warten, schließlich hätten wir gerne in der Unterkunft eingecheckt. Also dösen wir schon mittags im und vorm Zelt und planen die weitere Route und ruhen aus. Eine Schafherde wird an uns vorbeigetrieben und ein Traktor kommt dreimal um Grünschnitt abzuladen. Die Tourbusse der Salle-de-la-Verna Höhle fahren vollbesetzt an uns vorbei. Die Höhle mit unterirdischem Wasserfall ist ganz in der Nähe. Außerdem sehen wir viele spanische Touristen, die die Kirche besuchen.

Urwald ähnliche Wege nach Saint Engrace
Völlig überraschend taucht diese Snackbar bei den Gorges de Kakuetta nur 100 m vom Weg entfernt auf
Assiette – ein gemischter Teller und unser zweites Frühstück
Bei der Snackbar kann man kostenlos und wunderschön zelten – hätten wir das mal gewusst…
Saint Engrace ist winzig und die einzige Unterkunft hat leider geschlossen

Etappe 13, 05.10.2023: Saint Engrace – Ravin d’Arpidia – Col de La Pierre Saint Martin – La Pierre Saint Martin

Km/Anstieg/Abstieg: 13,2 km, 1296/248

Übernachtung: Biwak im Skigebiet oberhalb von La Pierre

Nach der ersten Biegung landen wir im schattigen, kühlen Wald und folgen dem Weg durch die Schlucht Ravin d’Arpidia begleitet von Moos bewachsenen Steinen, Pilzen auf Totholz, Farnen und steilen Felswänden, die rechts und links von uns emporragen. Begrenzt durch die hohen Wände läuft Lola frei und muss sich nur zwischen uns aufhalten, das klappt sehr gut.

Oberhalb der Schlucht schraubt sich der Weg Stück für Stück im Laubwald bergauf. In der Pause müssen wir sogar den Pulli rausholen. Käse und Wurst sowie das letzte Stück Baguette aus Larrau wird auf drei hungrige Mäuler verteilt, dann bekommt Lola noch kurz Zeit für ihren Mittagsschlaf.

Das Pays Basque haben wir nun hinter uns gelassen, ab jetzt laufen wir durch das Béarn. Weiterhin befinden wir uns in den atlantischen Pyrenäen.

Der Wald spuckt uns auf einer Bergwiese aus, auf der wir weiter Höhe gewinnen. Bei freilaufenden Schafen und Pferden läuft Lola lieber an der Leine.

Auf Passhöhe am Col de Lèche blicken wir auf den Pic d’Arlas. Das Gesamtbild ändert sixjy denn statt der grünen Berge blicken wir zum ersten Mal auf felsige Gipfel!

Gefühlt sind wir mitten im Nirgendwo, als der Weg uns zur Straße zwischen Frankreich und Spanien führt. Durchs Skigebiet laufen wir bergab zum Tagesziel nach La Pierre Saint Martin.

Der Skiort gleicht im Oktober einer Geisterstadt. Auf der Suche nach Wasser laufe ich auf der Piste an stillstehenden Skiliften vorbei und rein ins Dorf. Ich schleiche durch leere Gassen und fühle mich wie ein Eindringling. Hotels, Restaurants, Supermarkt – alles geschlossen. Das Refuge Jeandel wird im Wanderführer als Unterkunft gelistet, doch auch das ist geschlossen. Ohne Zelt ist man zu dieser Jahreszeit auf dem GR10 schlichtweg aufgeschmissen. Wasser finde zufällig, als ich in ein geöffnetes Gebäude laufe. Einem langen Gang, der mich an eine Schule oder ein Amt erinnert, folge ich der Beschilderung zu den Toiletten. Die sind tatsächlich geöffnet und es gibt fließendes Wasser, Jackpot!
Vollgepackt mit 6 L Wasser stapfe ich schnaufend die Piste hoch. Ich verpasse den Abzweig zurück zum Weg und finde Till und Lola erst wieder, als sie mir winkend entgegen laufen.

In einer kleinen, windgeschützten Mulde bauen wir das Zelt auf. Mit bestem Blick auf den Geisterort und den Pic d’Anie, der in der Ferne hervorlugt.

In der Schlucht Ravin d’Arpidia
In der Ravin d’Arpidia Schlucht
Steinkopf an der Wassertränke
Auf der Saint Engrace Seite
Zum ersten Mal sehen wir die Felsspitzen am Horizont hervorlugen – willkommen im Béarn!
Col de La Pierre Saint Martin
Zelten im Skigebiet – unsere Kuhle schützt uns vor dem aufziehenden Wind
La Pierre Saint Martin – im Oktober eine Geisterstadt ohne Einkehr- oder Einkaufsmöglichkeit, Wasser zu finden eine Herausforderung. Rechts hinten der Pic d’Anie

Mehr von der Fernwanderung auf dem GR10

Alle Informationen zur Planung & Durchführung der Pyrenäenüberquerung mit Hund habe ich im Blogbeitrag GR10 mit Hund: Planung & Wissenswertes beschrieben.

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2 Antworten auf “GR10: Pyrenäen Tagebuch #2 Unterwegs im Pays Basque”

  1. Hallo meine Lieben und Lola, ihr habt ja wieder eine Menge positives und negatives erlebt. Wenn die Einkaufsmöglichkeiten unvorhersehbar geschlossen sind, müsstet ihr wirklich improvisieren. Oder die Einkehrmöglichkeiten. Ihr habt das wieder sehr souverän gelöst. Die Lola macht ja wirklich alles toll mit. Que brav!!! Ich habe meinen Horizont durch eure lesenswerte Zeilen wieder erweitert. Vielen Dank dafür. Wie schon gesagt, ich versuche im Nachhinein mit euch zu reisen. Diese Erlebnisse sind einmalig! Auf jeden Fall bin ich begeistert, auch über eure nette Ausdrucksweise.
    Ganz liebe Grüße, eure Ulli

    Antworten

    1. Liebe Ulli,
      Vielen Dank für den lieben Kommentar. Da wir in der Nebensaison unterwegs waren, gab es tatsächlich wenige Einkaufs- und Einkehrmöglichkeiten. Wie immer machen wir das Beste aus den Gegebenheiten und genau dort liegt ja auch die Herausforderung.
      Ganz liebe Grüße von uns und natürlich auch vom tapferen Wanderpfötchen Lola

      Antworten

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