GR10: Pyrenäen Tagebuch #3 Unterwegs im Béarn

Nach dem Übergang vom Baskenland ins Béarn ändert sich die Landschaft. Bei diesem Wanderbericht GR10 werden die Wege anspruchsvoller, die Berge höher und felsiger und die Infrastruktur schlechter.

Etappe 14, 06.10.2023: La Pierre Saint Martin – Pas de l’Osque – Pas de’Azuns – Lescun

Tageskilometer, Anstieg/Abstieg: 18,1 km, 609/1424

Übernachtung: Campingplatz Lauzert (1 km hinter Lescun), Gemeinschaftsküche, Aufenthaltsbereich, Halbpension möglich

Die erste Etappe in der Provinz Béarn beginnt mit einer kalten Nacht im Skigebiet. Mit Sturmmaske liege ich im Schlafsack und es kostet Überwindung, sich morgens aus den warmen Daunen zu schälen.

Ohne Gepäck hole ich erneut Wasser aus der Geisterstadt mit den großen, hässlichen Resorts aus den 60er Jahren. Lola erwartet mich zitternd auf ihrem Spähposten am Schlafplatz, denn die Sonne hat es noch nicht über den Berg geschafft.

Wir laufen einmal um La Pierre Saint Martin herum. Es gibt altertümliche Stangenlifte und einige Sessellifte.

Von den Wiesenhängen wechseln wir auf Fels. Ein kleiner Pfad führt uns durch die Felsenlandschaft, unwegsam und oft steil. An der Leine kann Lola hier kaum laufen. Läuft sie vorneweg, wird sie durch die Leine gebremst, wenn sie im eleganten Hopserlauf einige Felsen gleichzeitig überhüpft. Läuft sie hinten, verheddert sie sich in der Leine. Außerdem besteht die Gefahr, dass wir ausrutschen und samt Rucksack auf sie fallen. Ohne Leine klappt es am besten – Till vorneweg, Lola direkt hintendran und ich als Schlusslicht. So kommen wir gut voran und alle sind zufrieden mit ihrer Position.

Nach einem besonders steilen Stück wollen wir Pause machen.

Während ich noch konzentriert meinen Weg nach unten suche sind Till und Lola längst unten. Als Till gerade den Rucksack absetzt, biegt Lola vom Weg ab und verschwindet auf eiligen Pfoten überm Berg. Till lässt den Rucksack liegen und läuft mindestens genauso eilig hinterher. Lola hat jedoch eine spannende Fährte in der Nase und lässt sich nicht beirren.

Im Laufen werfe auch ich den Rucksack ab, packe die Hundepfeife aus, die immer griffbereit in der Bauchtausche ist und laufe hinterher. Jetzt heißt es ruhig bleiben, abwarten und vertrauen!

Gar nicht so einfach, denn mittlerweile sehe ich Lola als winzig kleinen Punkt, in der Mitte vom gegenüberliegenden Berg. Ohne erkennbaren Weg klettert sie herum wie eine Bergziege. Von hier aus hört sie endlich den Rückruf mit der Pfeife und dreht um.

Ich vermute ein Murmeltier oder eine Gams, deren Fährte sie in die Nase bekommen hat. Nicht zuletzt hat sie deswegen einen GPS Tracker, sodass wir sie orten können.

Beim Weiterlaufen verpassen wir einen Abzweig und stehen plötzlich mitten in einem Schotterfeld, ca. 50 m unterhalb des Weges. Um zurück zum Weg zu kommen steigen wir steil bergauf. Ganz wohl ist mir nicht dabei, aber die großen Steine scheinen fest, also Augen zu und durch.

Kurz vor dem Pass de l’Osque kommt dann die eigentliche Kletterpassage. Die letzten 10-15 Höhenmeter sind eher Klettersteig als Wanderweg. Große Felsblöcke müssen überwunden werden und die Füße bedachte auf schmale Felsstücke gesetzt werden. Die Passage ist mit Stahlseilen gesichert, die ich gerne gegen die Wanderstöcke eintausche. Ich gehe voran und ziehe mich mit beiden Hände an Seil und Fels nach oben. Es ist der bisher schwierigste Abschnitt auf dem GR10 und ich bin froh, dass wir ihn bergauf laufen.

Oben angekommen wirft Till mir die Leine zu und schickt Lola auf den Weg. Sie muss sich selbst ihren Weg suchen. Wir kennen Lolas Fähigkeiten und Kletterkünste, dennoch schauen wir gebannt und stehen mit angehaltenem Atem am Fels. Mit zwei leichten Hopsern klettert sie die ersten Meter nach oben. Eine Pfote rutscht vom Fels ab, aber drei weitere sind trittsicher platziert. Dann steht sie an der Verankerung von dem Stahlseil, dass genau auf ihrer Schulterhöhe aus dem Fels kommt. Irgendwie müssen 4 Pfoten über das Seil, das ihr den Weg versperrt. Hüpfen ist in diesem Gelände nicht möglich. Geschickt läuft sie bis ganz vorne, schafft ein Bein drüber, zögert und hebt dann sehr bedacht auch das zweite Vorderbein über das Seil. Geschafft!

Die Hinterläufe folgen wie von selbst und mit leichten Sprüngen steht sie oben auf dem Pass neben mir und reckt schon wieder die Nase auf der anderen Seite des Berges in die Luft. Das Energiebündel hat schon wieder eine neue Fährte in der Nase und Hummeln im Hintern.

Pässe sind immer auch eine Überraschung – wie sieht es wohl auf der anderen Seite aus? Erst als ich Lola und mich selbst am Pas de l’Osque gesichert habe, schaue ich mich um. Die Berge heißen Pic du Soum Couy, Pic de Countendé und dahinter haben wir erneut einen Blick auf den Pic d’Anie.

Auf dem Weg zum Pas d’Azuns kommen wir aus dem Staunen nicht mehr heraus. Wir sind so vertieft, dass wir falsch abbiegen. Zwei Tageswanderer schicken uns glücklicherweise zurück in die richtige Richtung, nämlich bergab zur Cabane du Cap de la Baitch. Von hier aus kann man den Pic d’Anie besteigen, wir jedoch laufen weiter Richtung Lescun.

Bergab laufen wir durchs Tal und schließlich durch den Wald. Was hier als flaches Stück eingezeichnet ist, ist in Wahrheit pyrenäenflach, also ein ewiges (und anstrengendes) Auf und Ab. Dann folgt der finale Abstieg nach Lescun.

Der Lebensmittelladen mit Café hat geöffnet, glücklich plumpsen wir auf der Terrasse in den Stuhl. Der kleine Ort ist belebt und zu unserem Erstaunen sind viele Touristen hier. Wir genießen kühle Limonade, Kaffee, Quiche mit Ziegenkäse und ein Baskentörtchen, das es auch in der Provinz Béarn noch gibt.

Anschließend bin ich bereit für den eigentlichen Einkauf. Der Laden richtet sich an Touristen und Wanderer. Er bietet Gaskartuschen mit Schraubverschluss neben Postkarten und Souvenirs sowie regionalen Käse und Wurstwaren. Sehr zu unserer Freude auch Lindt Schokolade, denn die französische Schokolade konnte bisher nicht überzeugen. Besonders freuen wir uns über frisches Obst! Bananen und Äpfel haben uns die letzten Tage sehr gefehlt.

Voll beladen mit Einkäufen treten wir den Weg zum Campingplatz Lauzert an, der ca. 1 km hinter Lescun ist. Laut Wanderführer ist er ab Ende September geschlossen, das stimmt aber glücklicherweise nicht. Wir richten uns gemütlich ein, denn wir sind reif für ein erholsames Wochenende.

Lola wartet in der Morgensonne bis Frauchen vom Wasser holen kommt
Die Landschaft um La Pierre Saint Martin ist felsig
Kleine Kletterei beim Aufstieg zum Pas de l’Osque
Fantastischer Tag!
Abstieg nach Lescun

Pausetage in Lescun – Klatsch & Tratsch vom Campingplatz

Der Campingplatz bietet alles was wir zum Wohlfühlen brauchen. Es gibt eine Gemeinschaftsküche mit Kaffeemaschine, Herd und Kühlschrank und Sitzmöglichkeiten innen und außen. An der Rezeption gibt es einen Brotservice – Baguette, Croissants und Schokobrötchen können für morgens vorbestellt werden.

Direkt von unserem Zelt blicken wir auf die satten grünen Wiesen und bewaldeten Hügeln, aus der die zackige Krone des Le Billare herausschaut. Lescun ist der ideale Ausgangsort im Tal von Aspe, um die Béarnaiser Pyrenäen zu erkunden. Der Cirque de Lescun ist auch als „Dolomiten der Pyrenäen“ bekannt.

Abends buchen wir uns zweimal für das Abendessen ein. Im Speisesaal werden wir mit einem 3 bzw. 4 Gänge Menü versorgt und genießen diese Abwechslung zur spartanischen Outdoor Kost sehr.

Außerdem lernen wir Tracey aus England kennen, die mit ihren beiden Cocker Spaniels ebenfalls auf dem GR10 unterwegs ist. Allein als Frau ist der Weg nochmal eine andere Herausforderung und die beiden Hunde erfordern eine noch bessere Logistik. Angereist ist sie per Auto und hat für jede Woche Futter in einer Unterkunft oder Restaurant deponiert.

Tracey berichtet von einer stürmischen Nacht im Zelt (unsere erste Etappe), bei der einige Befestigungen vom Zelt abgerissen sind. Sie hat das Vertrauen zu ihrem Zelt verloren und kurzerhand ein neues bestellt. In Lescun ist sie bereits seit einer Woche, denn einer der Hunde hat auf dem oft felsigen Untergrund Probleme mit den Pfoten und benötigt dringend Hundeschuhe.

Auch ihre Hunde sind mit GPS Tracker ausgestattet. Sie hat einen Findster, der im Gegensatz zu Lola’s Teltonica Tracker ohne SIM Karte funktioniert, dafür aber eine geringe Reichweite hat. Als ich von Lola’s kleinem Ausflug erzähle, lacht sie nur. Früher hätte sie sich ebenfalls darüber gesorgt, mittlerweile wendet sie einen einfachen Trick an, wenn ihre Hunde den Murmeltieren hinterherjagen. Ein fixer Blick auf die Uhr beruhige die Nerven, denn in den meisten Fällen sind die Hunde nach 1-2 Minuten wieder zurück.

Samstags laufen wir erneut nach Lescun zum Einkaufen, denn der nächste große Ort ist Cauterets. Laut Wanderführer sind es 4 Etappen, die es jedoch in sich haben. Deshalb plane ich für diesen Abschnitt ca. 6 Tage ein, um genügend Puffer für Hund und Arbeiten zu haben. Das bedeutet Proviant für 6 Tage, denn sehr wahrscheinlich gibt es unterwegs (außer Etsaut am nächsten Tag) keinen geöffnet Lebensmittelladen. Einige Restaurants liegen am Weg, die geöffnet haben sollen, aber wer weiß das schon genau?!

Neben unserem üppigen Einkauf hätte ich gerne Knabberkram für Lola gekauft (Futter reicht noch), aber der Laden hat lediglich eine Tüte Trockenfutter im ansonsten leeren Hunderegal. Einige Leckerli haben wir noch, aber die letzten 2 Kaustangen reichen vorne und hinten nicht. Mit so einer schlechten Versorgung hätte ich nicht gerechnet, seit Saint-Jean Pied-de-Port gab es keine vernünftige Hundeabteilung mehr im Supermarkt…

Lescun – Campingplatz Lauzert
Baguette-Service und Kaffee, was für ein Luxus

Etappe 15, 9.10.23: Lescun – Col de Barrancq – Borçe – Etsaut

Tageskilometer, Anstieg/Abstieg: 16,1 km, 904/1164

Übernachtung: Biwak am Fluss in Etsaut, Wasser aus Brunnen in der Nähe

Heute steht eine unspektakuläre Etappe an. Wir wechseln zwischen Straße und kurzen Waldabschnitten, laufen durch ein Tal mit Landwirtschaft wo es nach 1,5h zum Campingplatz Lhers abgeht.

Kurz danach beginnt der Anstieg. Statt dem steilen Waldweg folgen wir der flacheren Schotterstraße, wo wir mindestens genauso schnell vorankommen, trotz weiterem Weg.

Borçe ist ein hübsches kleines Dorf, durch das wir mit einigen anderen Touristen flanieren. Dort kann man bei der Gite und Auberge de l’Ours übernachten. Die Bar hat jedoch geschlossen unter der Woche. Die Unterkunft scheint geöffnet. Innendrin liegt eine Telefonnummer und der Hinweis, dass man für 10€/Person im Garten zelten kann. Da der Garten klein und ungemütlich aussieht, beschließen wir bis Etsaut weiterzulaufen. Nach der Brücke geht es links ins Dorf, zelten ist dort verboten. Auf der rechten Seite steht kein Schild, sodass wir unser Zelt zwischen Fluss und alter Bahnlinie aufbauen.

Da wir das Zelt nicht alleine lassen wollen und Lola heute ungewöhnlich müde ist vom Laufen, laufe ich allein ins Zentrum von Etsaut, während Till und Lola am Platz bleiben. Etsaut ist im Vergleich zu Borçe weniger schick, dafür praktisch. In der Ortsmitte gibt es ein Restaurant (Le Randonneur) und einen kleinen Lebensmittelladen, beides hat geöffnet. Ich besorge Abendessen zum mitnehmen, das wir am Zelt essen. Lola hingegen war heute so müde, dass sie ohne Abendessen im Schlafsack verschwunden ist.

Blick auf den Cirque de Lescun
Unterwegs auf dem GR10 bei Lescun
Leichte Etappe zwischen Lescun und Etsaut
Zentrum von Borçe

Etappe 16, 10.10.23: Etsaut – Col d’Ayous – Lac Gentau – Lac de Bious Artiges

Tageskilometer, Anstieg/Abstieg: 19,6 km, 1741/919

Übernachtung: Biwak am Stausee Lac de Bious Artiges

Information Hund: diese Etappe verläuft von der Cabane de la Baigt de Saint-Cours über den Col d’Ayous bis kurz vor den Lac Gentau durch den Pyrenäen NationalparkHunde sind hier nicht gestattet, auch nicht an der Leine. Da wir keine sichere Alternativroute gefunden haben, sind wir den Weg mit Hund gelaufen.

Wir entscheiden uns gegen einen Kaffee in Etsaut und laufen bereits um kurz nach 8 Uhr los. Die Bar öffnet erst um 8.30 Uhr und wir haben eine lange Etappe mit vielen Höhenmetern vor uns.

Auf der Straße kommen wir schnell voran und bald schon sehen wir großzügige Parkplätze für Besuchermassen, die im Oktober nicht mehr vorhanden sind. Heute stehen nur einzelne Autos und zwei Wohnmobile dort.

Hinweisschilder kündigen den nahenden Pyrenäen Nationalpark an und weisen auf allerlei Verbote hin. Neben den üblichen Einschränkungen wie nicht zelten, keine Hunde, keine Tiere füttern, reiht sich auch eine weitere Einschränkung in die Liste: Darm entleeren verboten. Aha.

Am Aussichtspunkt Gorges d’Enfer blicken wir auf die Festung Fort du Portalet aus dem 19. Jahrhundert, die einst die Grenze der Pyrenäen bewacht und den Zugang zum Col du Somport geschützt hat.

Gespannt nähern wir uns der Felsrinne, bzw. „Maststraße“, dem Chemin de la Mâture, die zum Transport von Tannen und Buchen gebaut wurde. Der 1.200 Meter lange Weg, wurde in eine fast senkrechte Felswand gehauen ist und erhebt sich über 200 Meter über dem Fluss Gave d’Aspe. Stellenweise nur einen Meter breit, erfordert der steile und felsige Weg Trittsicherheit und Schwindelfreiheit.

Von Höhenangst ist Lola nicht betroffen, denn die Nase wird neugierig über den Rand gestreckt. Schnell leine ich sie an, denn Hunde haben kein dreidimensionales Denken und würden sich bei einem entsprechenden Reiz nach dem Alles-oder-Nichts-Prinzip in die Tiefe stürzen. Das zumindest lässt die „Hunde-Suizid-Brücke“ in Schottland vermuten, wo sich über 600 Hunde in den Tod stürzten. Entgegen der Annahme, der Ort sei verflucht, befand sich unter der Brücke ein Nerzbau. Die Nerze haben ihr Territorium mit einem stark riechenden Drüsensekret markiert, dem einige Hunde blind folgten und sich in die Tiefe stürzten.

An der Cabane de la Baigt de Saint machen wir Pause, um den Nationalpark anschließend so zügig wie möglich zu durchqueren. Von hier aus sind es noch 4 Kilometer und 700 Höhenmeter bis zum Col d’Ayous, der Nationalpark endet kurz danach.

Wir lassen den Wald hinter uns und laufen an einem Flusslauf entlang in ein Tal hinein. Die Schafe, die hier normalerweise stehen, sind wahrscheinlich schon im Dorf. Nur einige Kühe hören wir in den Hängen vor sich hinbimmeln und auf Passhöhe stehen ein paar Pferde.

Plötzlich ist Lola aufgeregt und ich folge neugierig ihrem Blick. Am gegenüberliegenden Hang bewegt sich eine Herde Gämse. Die Tiere sind so weit entfernt, dass ich sie nur sehe, weil sie sich bewegen. Erstaunlich, was die Lola mit ihren feinen Sinnen wahrnimmt – und was uns Menschen verborgen bleibt.

Am Ende des Tals fehlen noch immer 2 km und der finale Aufstieg zum Pass. In Serpentinen schrauben wir uns nach oben und ich merke, wie jeder Schritt schwerfälliger wird. Lola Leichtfuß läuft vorneweg und versteht nicht, warum Frauchen schnauft, immer langsamer läuft und immer öfter stehen bleibt. Mein Kopf ist rot wie eine Tomate, bestätigt Till. Meine Welt schrumpft. Sie wird klein und besteht nur noch aus dem nächsten Schritt. Als ich nach oben schaue, sehe ich Sternchen im blauen Himmel tanzen. Und irgendwann auch den Pass.

Am Col d’Ayous (2188 m) öffnet sich der Blick auf den imposanten Pic du Midi d’Ossau (2884 m). Wir stehen mitten in einem Postkartenmotiv. Die Sonne trocknet den Schweiß und die Strapazen sind vergessen. Beflügelt von dem atemberaubenden Blick steigen wir zum Lac Gentau ab. Diese Etappe ist die bisher schönste auf dem GR10!

Am See befindet sich das Refuge (bewirtschaftete Schutzhütte), das im Oktober bereits geschlossen hat. Am Seeufer darf biwakiert werden und die ersten Wanderer sichern sich bereits Mittags ihren Platz. Der Lac Gentau befindet sich außerhalb des Nationalparks, sodass auch Hunde erlaubt sind.

Wir rasten etwas abseits und steigen dann weiter ab bis zum Stausee Lac de Bious Artiges, wo wir den Abend bei Spagetti mit Käse und Tomatensoße ausklingen lassen.

Auf dem Weg über den Col d’Ayous warten über 1500 Höhenmeter auf uns
Wir laufen durch eine in den Fels gehauene Rinne…
…fast senkrecht geht es für mehrere Hundert Meter nach unten. Die Maststraße oder Chemin de la Mâture, wurde zum Transport von Tannen und Buchen gebaut
Die letzten Meter bis zum Col d’Ayous
Mitten im Postkartenmotiv - Blick auf den Lac Gentau und den Pic du Midi d'Ossau
Mitten im Postkartenmotiv – Blick auf den Lac Gentau und den Pic du Midi d’Ossau

Etappe 17, 11.10.23: Lac de Bious Artiges – Gabas

Tageskilometer, Anstieg/Abstieg: 9,65 km, 248/530

Übernachtung: Biwak im Wald hinter Gabas

Zum ersten Mal übernimmt Till das morgendliche Kaffee kochen. Der Versuch endet mit einem Brandloch im Zelt. Wie gut, dass wir vorsorglich ein Reparatur Klebeset mitgenommen haben, mit dem wir das Loch abkleben können.

Lola, die normalerweise bis zum letzten Moment im warmen Schlafsack döst, wird heute von einer Schafherde geweckt, die begleitet von Hundegebell auf der nahegelegenen Straße vorbeizieht. Als sie gerade wieder mit einem Seufzer in den Daunenfluff gekrabbelt ist, ertönt ein Schuss und Lola verwandelt sich in ein zitterndes Elend. Sie beruhigt sich, doch dann wird die Ruhe von einem Hubschrauber gestört, der in einem fort etwas an der Staumauer repariert. Die Berge rundherum verstärken das dröhnende Geräusch.

Gemütlich laufen wir los und kommen an den großen Parkplatz Bious-Oumettes am Stausee, dem Ausgangspunkt für die vielen Wanderer zum Lac Gentau. Ein Holzschild weist uns den Weg zu einer Epicerie (Krämerladen) für GR10 Wanderer, doch der Holzwagen ist geschlossen. In der Hochsaison braucht man keine großen Vorräte zu schleppen, in der Nebensaison sieht es anders aus.

Dafür haben wir Glück mit den Toiletten. Sie sind geöffnet und, oh Wunder, es gibt Toilettenpapier!

Nach Gabas ist es nur eine Stunde die Straße bergab. Nach der gestrigen Etappe ist das Entspannung pur. Wir sind ohne Frühstück gestartet, denn in Gabas gibt es ein Restaurant und zwei Hotels, die laut Google geöffnet haben sollen und wir freuen uns auf ein gemütliches Mittagessen in der Sonne.

Doch daraus wird leider nichts.

Das Restaurant „Le Pic du Midi“ hat zwar geöffnet, allerdings nur zum Käseverkauf. Durch das geöffnete Fenster schauen wir in die Gaststube des Restaurants. Hinter dem Fenster steht ein Tisch mit einem großen Käselaib und einer Waage. Tomme de Brébis, Schafskäse aus Gabas Direktverkauf. Der Preis liegt bei 20€/Kilo und wir kaufen nach der Geschmacksprobe ein großes Stück vom bisher leckersten Käse.

Auf meine Frage nach einem Kaffee oder kühlen Getränk werde ich verständnislos angeschaut. Auf erneute Nachfrage ergattere ich ein kühles Schweppes. Die nette Käsefrau ahnt nicht, dass sie uns auch völlig überteuerte Schokoriegel oder Snacks hätte verkaufen können…

Derweil kommen die beiden großen Herdenschutzhunde (Patous) der Besitzerin angeschlendert. Sehr ruhig und freundlich begrüßen uns die sanften Riesen, die zum Glück gerade keine Schafherde zu verteidigen haben.

In der kleinen Kapelle am Ortsende finde ich eine Steckdose, sodass wir eins der Handys laden können. Auch eine Quelle zum Wasser auffüllen befindet sich daneben.

Am Ortseingang befindet sich ein Krämerladen mit dem Hinweis „Öffnet wieder im Frühjahr 2024“. Schade, denn frisches Obst wäre schön gewesen. Gestern am Lac Gentau habe ich mich bei dem Gedanken erwischt, zwei Bananen aus einem offenen und einsamen Rucksack zu stibitzen…

Aus Gabas laufen wir auf gleichem Weg wieder zurück und an der Straße entlang bis zur Staumauer des Elektrizitätswerks. Über den Fluss und ab jetzt pyrenäenflach durch den Wald.

Morgen früh muss Till arbeiten und benötigt dafür stabiles Internet. Als wir abbiegen bricht der Handyempfang ab. Zwar vermuten wir, dass der Empfang zurück kommt sobald wir an Höhe gewinnen, aber was wenn nicht? Weiter bis Gourette sind 7 Stunden reine Laufzeit, heute auf gar keinen Fall zu schaffen. Also drehen wir um und laufen zurück zu einer Kreuzung, an der wir bereits einen Schlafplatz entdeckt hatten.

Der Platz liegt direkt neben der Forststraße, die aber kaum befahren scheint. Vom Zelt aus schauen wir direkt auf den Pic der Cézy, den wir zum Glück nicht besteigen müssen. Während Till das Zelt aufbaut laufe ich zurück zum letzten Fluss. Hier fülle ich uns für die Nacht 5 L ohne zu filtern direkt aus dem Fluss. Es schmeckt prima, sieht gut aus und auch Landwirtschaft sehe ich nicht, die die Wasserqualität beeinträchtigen könnte.

Unverhofft haben wir einen freien Nachmittag, den wir für die Planung der nächsten Etappen nutzen. Außerdem kommen wir bald nach Cauterets, dem ersten größeren Ort seit Tagen. Dort wollen wir uns ein Paket aus Deutschland schicken lassen. Die ersten 2,5 kg Hundefutter sind fast leer und auch Lola’s Knabberkram braucht dringend Nachschub. Neben einigen Leckerlis bleibt ihr bis Cauterets nur eine einzige Kaustange. Dafür bekommt sie regelmäßig Käserinde als Entschädigung.

Es ist unser erster Schlafplatz im Wald und mit Sonnenuntergang ertönen immer mehr ungewohnte Geräusche aus dem Wald. Unweigerlich denken wir an die Bären, die in den Pyrenäen wohnen. In Borçe sind wir immerhin an dem Parc ‚Ours, einem Tierpark mit Bären vorbeigelaufen. Die Fischdose vom Abendessen säubern wir lieber weit entfernt vom Schlafplatz und verpacken sie „luftdicht“ in einer Hundetüte. Sicher ist sicher.

Übernachtung am Lac Bious Artiges – morgens rückt der Hubschrauber an um an der Staumauer zu arbeiten
Das Brandloch im Zelt können wir zum Glück mit einem Klebepad reparieren
Käseverkauf in Gabas – Schafskäse (Tomme de Brébis) vom Feinsten
Handy-Empfang? Arbeiten auf den GR10 mit Blick auf den Pic de Cezy
Unser Lieblingsabendessen: Spagetti mit Tomatensoße mit Schafskäse aus den Pyrenäen, mmh!

Mehr von der Fernwanderung auf dem GR10

Alle Informationen zur Planung & Durchführung der Pyrenäenüberquerung mit Hund habe ich im Blogbeitrag GR10 mit Hund: Planung & Wissenswertes beschrieben.

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